Erfahrungen von Holocaustüberlebenden in Kunst übersetzt
Als die israelische Künstlerin Maya Rave ihren Großvater erstmals vor laufender Kamera interviewt, ist es für sie eine besondere Erfahrung. Der Holocaustüberlebende erzählt die Geschichten, die er ihr schon häufiger erzählt hat, aber diesmal eröffnet er ganz neue Perspektiven – der jungen Künstlerin und, wie es ihr scheint, auch sich selbst. Offenbar war es dem 90-Jährigen wichtig, dass seine Erlebnisse festgehalten werden – er stirbt nur ein halbes Jahr nach den Dreharbeiten. Für Maya Rave ist klar: seine Geschichte soll, wie die von anderen Holocaustüberlebenden, weiterleben.
Dieses Erlebnis inspiriert Maya und Gal Rave zur Ausstellung „Days beyond time“. Drei Jahre lang führen sie Interviews mit Holocaustüberlebenden aus dem Ghetto Theresienstadt. Die Interviews werden zwölf Künstlerinnen und Künstlern zur Verfügung gestellt, die davon inspirierte Kunstwerke erschaffen: Lebensgeschichten werden in Kunst übersetzt – in Form von Malerei, Plastik oder Holzschnitt. „Days beyond time“ zeigt die Videointerviews und den Entstehungsprozess ebenso wie die fertigen Kunstwerke.
Nachdem die Ausstellung zuletzt in Genf zu sehen war, präsentiert von der EU, den Vereinten Nationen und dem jüdischen Weltkongress, wurde sie nun im Aktiven Museum Südwestfalen eröffnet – in Anwesenheit der beiden „Creator“ Maya und Gal Rave, Kurator Yosef Veissid sowie Tamardalia Kinberg von der Forschungs- und Bildungseinrichtung Beit Theresienstadt.
„Wir sind stolz, dass wir ‚Days beyond time‘ jetzt bis Ende September in Siegen präsentieren dürfen“, sagt Landrat Andreas Müller. „Ich würde mir wünschen, dass möglichst viele Siegerländer und Wittgensteiner und Menschen aus der Region um uns herum die Chance nutzen, die Ausstellung zu besuchen. Es wäre schade, diese Gelegenheit zu verpassen.“
Die Kreise Siegen-Wittgenstein und Emek Hefer pflegen eine Partnerschaft, die vor fünfzig Jahren geschlossen wurde – die Präsentation der Ausstellung ist Teil des Jubiläumsprogramms. Bei der Ausstellungseröffnung erinnert der Landrat auch an die 55 Jüdinnen und Juden aus dem heutigen Siegen-Wittgenstein, die 1942 und 1943 nach Theresienstadt deportiert wurden. Nur drei kehrten aus dem Ghetto zurück.
Die Landrätin von Emek Hefer, Dr. Galit Shaul, konnte nicht zur Ausstellungseröffnung anreisen. Efrat Simenhaus, Partnerschaftsbeauftrage des Kreises Emek Hefer, richtet ihre besten Wünsche aus und verlas ein Grußwort: „Die Werke von ‚Days beyond time‘ zeigen den Willen der Überlebenden. Man möge ihr Vermächtnis in Ehren halten.“
Ein besonderes Grußwort hat Gal Rave zur Ausstellungseröffnung mitgebracht: eine Videobotschaft von Zvi Cohen. Für einige der Anwesenden war es ein Wiedersehen. Anfang Mai war eine Delegation aus Siegen-Wittgenstein im Rahmen des Partnerschaftsjubiläums nach Emek Hefer gereist und hat dort auch den Holocaustüberlebenden im Kibbuz Ma’abbarot treffen dürfen. Zvi Cohen wurde 1931 als Horst Cohn in Berlin geboren und 1943 mit seinen Eltern ins Ghetto Theresienstadt deportiert. Von ihm stammt das Zitat: „Die Mundharmonika hat mir das Leben gerettet.“
In seinem Videogrußwort lädt Zvi Cohen dazu ein, die Ausstellung zu besuchen und er mahnt: Was in Nazi-Deutschland geschehen ist, dürfe sich nicht wiederholen. „Nie wieder.“
Auch Zvi Cohens Erlebnisse im Ghetto Theresienstadt wurden für die Ausstellung „Days beyond time“ in Kunst übersetzt. Alle Werke und Videointerviews sind bis Ende September in Siegen zu sehen.
Quelle: Kreis Siegen-Wittgenstein, Pressemitteilung, 14.6.2023
Nachtrag 24.4.2024:
Heute wurde die Ausstellung abgeholt: