Erste Weichenstellung für den Erhalt der archäologischen Verhüttungswerkstatt „Gerhardsseifen“ in Niederschelden: Der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages hat die von der Unteren Denkmalbehörde der Stadt Siegen beantragten Mittel in Höhe von 30.000 Euro freigegeben.
Die Fundstelle der archäologischen Ausgrabung von 2012 zeigt einen der keltischen Verhüttungsöfen. Foto: Deutsches Bergbau-Museum Bochum/D. Bachmann
„Wir sind außerordentlich froh über dieses positive Signal aus Berlin“, sagte Bürgermeister Steffen Mues zu der Entscheidung. „Ich hoffe, dass wir jetzt zügig den Zuwendungsbescheid vom Land erhalten, damit wir mit der Maßnahme beginnen können“, erklärte die zuständige Beigeordnete der Stadt Siegen, Stadträtin Babette Bammann. Die Untere Denkmalbehörde der Stadt Siegen hatte den Antrag auf Fördermittel aus dem Denkmalschutz-Förderprogramm des Bundes am 25. Februar 2016 an die Bezirksregierung Arnsberg gestellt.
Gemäß der Fördergrundsätze des Denkmalschutz-Sonderförderprogramms können nur Maßnahmen gefördert werden, die der Konservierung und Restaurierung der „Keltischen Verhüttungswerkstatt Gerhardsseifen“ dienen. Konkret bedeutet dies die Freilegung, Herrichtung und Konservierung der Funde. Die geschätzten Kosten dafür liegen bei rund 61.000 Euro.
Um das archäologische Bodendenkmal der keltischen Verhüttungswerkstatt am Gerhardsseifen auch der Öffentlichkeit präsentieren zu können, sind darüber hinaus allerdings auch der Bau einer Schutz- und Präsentationshütte an der Grabungsstelle sowie die Anbindung der Fundstelle ans touristische Wegenetz notwendig.
„Erste Gespräche mit heimischen Unternehmen, die sich als Sponsoren einsetzen wollen, sind bereits erfolgreich verlaufen“, sagte Babette Bammann. So haben heimische Unternehmen aus der Stahl- und Eisenbranche angekündigt, das Projekt „Gerhardsseifen“ finanziell und ideell zu unterstützen.
Zur weiteren Finanzierung ist nach Angaben der Heimatgruppe Niederschelden in enger Abstimmung mit den Heimatvereinen Gosenbach und Oberschelden am 11. Juli 2016 ein Gespräch bei der NRW-Stiftung vorgesehen. In Düsseldorf werden Friedrich Schmidt als Vorsitzender der Heimatgruppe Niederschelden und Paul Breuer als Vorsitzender des Heimatbundes Siegerland-Wittgenstein einen entsprechenden Förderantrag übergeben.
Hintergrund:
Die Verhüttungswerkstatt „Gerhardsseifen“ umfasst ein 600 Quadratmeter großes und extensiv genutztes Wiesenareal nahe dem Bach Gerhardsseifen. Die über mehrere Jahre archäologisch teilausgegrabene Fundstelle beinhaltet die Bodenplatte eines Platzmeilers, eine mittelalterliche sowie eine eisenzeitliche Verhüttungswerkstatt.
Die wesentlichen Einrichtungen wurden bei der Ausgrabung nicht zerstört und 2012 winterfest gemacht. Es handelt sich um Betriebseinrichtungen der gesamten Produktionskette vom Erz zum Stahl (Röstbereiche, Rennöfen, Halden, Schmiedebereiche), darunter zwei eisenzeitliche Rennöfen, die zu den größten Rennöfen ihrer Epoche nördlich der Alpen zählen.
Die große Bedeutung der Fundstelle ist neben der außergewöhnlichen Erhaltung, die Dichte der erhaltenen Betriebseinrichtungen gleich mehrerer Epochen. Die Fundstelle wurde am 3. September 2012 als unbewegliches Bodendenkmal in die Denkmalliste der Stadt Siegen eingetragen.
Quelle: Stadt Siegen, Pressemitteilung, 24.6.2016
Auszug aus der Niederschrift der Kulturausschusssitzung vom 20.6.16:
“ …. Archäologische Ausgrabungsstätte Gerhardseifen in Siegen-Niederschelden
Beratungsverlauf:
Arno Wied definiert die Ausgrabungsstätte Gerhardseifen als ein Bodendenkmal von europaweiter Bedeutung. Er verweist auf das ausliegende Gutachten Der Weg des Eisens aus dem Jahr 2013 sowie auf den Sachstandsbericht im Kreistag (Vorlage 268/2013) und erklärt, es zeichneten sich
inzwischen Umsetzungsentwicklungen ab. So solle die Fundstelle erneut geöffnet und konserviert und vor Ort ein Dokumentationszentrum eingerichtet werden. Die Kosten dafür beliefen sich auf zirka 220.000,- € und sollen aus Mitteln der NRW-Stiftung, einem Denkmalschutzsonderprogramm des Bundes sowie im Wege des Sponsorings durch heimische Unternehmen – hier sei die IHK eingebunden – aufgebracht werden. Zu dann eventuell noch offenen finanziellen Fragen würden Stadt Siegen und Kreis Siegen-Wittgenstein Lösungen erarbeiten, sollte dies erforderlich sein. Darüber hinaus sei die Ausweisung eines archäologischen Wanderwegs vorgesehen, der verschiedene historische Ausgrabungsstätten in der Region miteinander verbinde. So solle die Ausgrabungsstätte Gerhardseifen, die 2012 in die Denkmalschutzliste der Stadt Siegen aufgenommen wurde, wissenschaftlich und touristisch erschlossen werden. In diesem Zusammenhang dankt Arno Wied den örtlichen Heimatvereinen und Waldgenossenschaften, ohne deren großes Engagement das Bisherige nicht hätte erreicht werden können und
auch die geschilderten Planungen nicht umsetzbar seien.
Bernd Brandemann bezeichnet das Bodendenkmal Gerhardseifen als ein Ausgrabungsprojekt der Superlative, da hier die Eisenerzeugung aus drei verschiedenen Epochen an ein und demselben Ort erlebbar werde. Vor diesem Hintergrund sei der Antrag auf Fördermittel der NRW-Stiftung
offensiv zu formulieren, denn dort „wartet man geradezu auf Anträge aus Westfalen“.
Otto Marburger weist auf die Nekropole in Birkefehl hin. Unter der Überschrift Der Weg des Eisens und im Kontext des bevorstehenden 200-jährigen Jubiläums der Kreise Siegen und Wittgenstein könne auch diese Stätte aus der Keltenzeit in die Planungen einbezogen werden.
Winfried Schwarz erklärt, mit Blick auf einen möglichen Finanzierungsbeitrages des Kreises erwarte der Kulturausschuss zu gegebener Zeit eine ergänzende Beschlussvorlage.“
Quelle: Kreistagsinformationssystem, Link: https://sitzungsdienst.kdz-ws.net/gkz110/sdnetrim/Lh0LgvGcu9To9Sm0Nl.Ha.GWq8Tq8Sj1Kg1HauCWqBZo5Ok9LkyIduGWt9Vs4Qp0Oe.Oa1CXuCWn4Oi0Lg-IbvDauHTp8To1Ok0HbwHau8Vt6Pi6Km0GbyGar8Um5Pm4KezJezIWtFUn5Qn4OfyGauDWu8WGJ/Oeffentliche_Protokollunterlagen_Kulturausschuss_20.06.2016.pdf