Leute blieben über Jahrhunderte die gleichen.Diedenshäuser Heimathistoriker Klaus Homrighausen sprach vor Frauenhilfs-Bezirksverband übers Heiraten vor 400 Jahren
„Nach seinem Umbau hat sich das Abenteuerdorf Wittgenstein in den vergangenen Jahren zu einem Ort entwickelt, zu dem nicht nur viele schulische und kirchliche Gruppen kommen, sondern den auch Hochzeits-Gesellschaften aus Nah und Fern manchmal ein ganzes Wochenende lang gern in Beschlag nehmen. Um das generelle Thema ging es jetzt auch an einem Montag. Der Bezirksverband der Frauenhilfen im Wittgensteiner Kirchenkreis hatte den Diedenshäuser Klaus Homrighausen eingeladen, der gut 60 Frauen an diesem Nachmittag kenntnisreich und unterhaltsam über „Heiratsbräuche und -regelungen in Wittgenstein vor 400 Jahren“ informierte.
Worauf er sich dabei stützte, stellte der Heimathistoriker direkt zu Beginn seines Vortrags klar: „Im Schlossarchiv in Berleburg liegt eine Akte mit der Überschrift ‚Ehesachen‘. Sie enthält Bittschreiben, Stellungnahmen und Beurteilungen zu Eheschließungen, Eheproblemen und Ehescheidungen aus der Zeit von 1580 bis 1620 und gibt sehr schön Aufschluss darüber, auf welche Art und Weise Ehen in der damaligen Zeit geschlossen oder auch wieder aufgelöst wurden.“ Klaus Homrighausen nahm die Zuhörerinnen mit auf eine Zeitreise in die Vergangenheit, als ein Heiratsmann die Familien der potentiellen Partner zusammenbrachte, der Brautvater dem Bräutigam das Eheversprechen per Handschlag gab, das künftige Paar durch den gemeinsamen Kirchgang und die dreimalige Verkündigung des Ehe-Ansinnens durch den Pfarrer von der Kanzel den Wunsch öffentlich machte. Aber von dort war auch Anderes zu hören, wie Klaus Homrighausen wusste: „Neigungen zu wollüstigem Verhalten scheinen damals so ausgeprägt gewesen zu sein, dass Graf Ludwig 1572 von den Kirchenkanzeln dagegen predigen und gleich einen Bestrafungskatalog mitverlesen ließ.“
Der kurzweilige Vortrag begeisterte die Zuschauerinnen, die an diesem Nachmittag außer einem gemütlichen Kaffeetrinken, lustigen Sketchen zum Hochzeits-Thema auch das übliche Frauenhilfs-Programm inklusive Andacht, Liedern und Segen geboten bekamen. Klaus Homrighausen, der sich als Kenner der Heimatgeschichte auch gern mit ganz anderen Themen von Gemeindegruppen einladen lässt, beendete seinen Vortrag mit einem Wunsch: „Ich hoffe, dass ich ihnen einen kleinen Einblick in die Rechtsverhältnisse der Vergangenheit geben konnte. Sie haben sicher bemerkt, dass Vieles strenger und genauer geregelt wurde als das heute der Fall ist, aber die Menschen seit Jahrhunderten immer die gleichen geblieben sind.“
Und wer seine Hochzeit heute im Abenteuerdorf feiern möchte, dem sei gesagt, dass die „Ehe-Ordnung“ von Graf Ludwig dem Älteren von 1569 als Teil des „Wittgensteiner Landrechts“ auch dort längst nicht mehr gilt, die laut Klaus Homrighausen sehr genau sagte, in welchem Umfang solche Feierlichkeiten erlaubt waren: „Hochzeitsgäste durften mit nur zwei großen Mahlzeiten versorgt werden, und zwar nur am Hochzeitstag selbst, nicht mehr am Tag danach. Auch die Dauer des Tanzvergnügens war strengen Regeln unterworfen und auf höchstens zwei Stunden beschränkt.“
Quelle: Kirchenkreis Wittgenstein, Aktuelles, 23.05.2022