Es war eine historische Sitzung in einer Zeit des demokratischen Aufbruchs: Vier Jahre nach der Gründung des Landes Nordrhein-Westfalen durch die britische Militärregierung verabschiedete der Landtag vor 70 Jahren, am 6. Juni 1950, die nordrhein-westfälische Landesverfassung. Sie wurde am 18. Juni 1950 in einem Volksentscheid von den Bürgerinnen und Bürgern angenommen und trat am 11. Juli 1950 in Kraft.
Der Präsident des Landtags, André Kuper, sagt zum Jubiläum: „Die Landesverfassung ist Grundlage der Politik und der Arbeit im Landtag. Gemeinsam mit dem Grundgesetz garantiert sie seit 70 Jahren Demokratie, Frieden und Freiheit. Sie zeigt: Wir sind nicht einfach nur ein Teil von Deutschland und Europa, sondern Nordrhein-Westfalen ist ein Land mit einer besonderen Geschichte und einer eigenen, vielfältigen Identität. Und sie ist aktueller denn je: Die Verfassungsmütter und -väter im Landtag schrieben in die Präambel: ‚erfüllt von dem Willen, die Not der Gegenwart in gemeinschaftlicher Arbeit zu überwinden‘. Das erinnert uns an die Nachkriegszeit und mahnt uns, in der aktuellen Krise zusammenzustehen.“
Dem Beschluss des Landtags vorausgegangen waren mehrjährige Beratungen. Der eigens gebildete Verfassungsausschuss musste seine Arbeit im Frühjahr 1949 unterbrechen, um die Fertigstellung des Grundgesetzes abzuwarten. Dieses sollte den Rahmen für die künftige Landesverfassung bilden. Nach 22 Sitzungen des Ausschusses lag ein Entwurf vor, der am 6. Juni 1950 in namentlicher Abstimmung angenommen wurde: Von den anwesenden 207 Abgeordneten stimmten 110 mit Ja und 97 mit Nein.
Die Landesverfassung war nach der Landesgründung (August 1946), der Konstituierung des Landtags (Oktober 1946) und der ersten Landtagswahl (April 1947) ein weiterer Meilenstein der jungen Demokratie an Rhein, Ruhr und Lippe. Mit ihr wurden, wie mit dem Grundgesetz, die Konsequenzen aus dem Scheitern der Weimarer Republik und der menschenverachtenden Diktatur der Nationalsozialisten gezogen. Die Landesverfassung schreibt u. a. die Achtung der Menschenrechte, die Gewaltenteilung, die parlamentarische Demokratie und den Föderalismus fest. Bis heute bildet sie das Fundament für das Zusammenleben im bevölkerungsreichsten Bundesland.
In der Präambel heißt es:
„In Verantwortung vor Gott und den Menschen, verbunden mit allen Deutschen, erfüllt von dem Willen, die Not der Gegenwart in gemeinschaftlicher Arbeit zu überwinden, dem inneren und äußeren Frieden zu dienen, Freiheit, Gerechtigkeit und Wohlstand für alle zu schaffen, haben sich die Männer und Frauen des Landes Nordrhein-Westfalen diese Verfassung gegeben.“
Mehr zur Entstehungsgeschichte der Landesverfassung lesen Sie hier und hier.
Einen Zeitstrahl zu wichtigen Änderungen an der Landesverfassung finden Sie hier.
Das Protokoll der Plenarsitzung vom 6. Juni 1950 finden Sie hier.
Der Landtag gibt in diesem Jahr erstmals die Landesverfassung als Publikation heraus. Sie enthält ein Vorwort des Präsidenten des Landtags, André Kuper, und eine Einführung des Bonner Rechtswissenschaftlers Prof. Dr. Wolfgang Löwer. Die Publikation kann kostenlos beim Landtag bestellt werden: oeffentlichkeitsarbeit@landtag.nrw.de
Online finden Sie sie hier.
Quelle: Landtag NRW, Pressemitteilung v. 05.06.2020