Ein Beitrag zur Blogparade #refhum: Flüchtlinge und Migration in den Geisteswissenschaften
Bei den Aufräumarbeiten in den Kellern des Kreishauses stieß ich 2004 auf Akten des Kreissozialamtes, die sich mit Aufnahme vietnamesischer Flüchtlinge im Kreisgebiet beschäftigen.
Am 28. November 1979 erreichten die ersten 35 Flüchtlinge (6 Familien und 4 Einzelpersonen) per Bus aus dem Durchgangslager Unna-Massen kommend die Gemeinde Burbach. Die Initiative ging von der Burbacher Aktionsgruppe „Vietnam-Flüchtlinge“ aus, der neben dem damaligen Bürgermeister der Gemeinde Burbach, Hartmut Hering, kirchliche Gruppen und auch ein Vertreter eines örtlichen Kreditinstituts angehörten. Am 25. September 1979 hatte der Rat der Gemeinde Burbach die Unterstützung der Arbeitsgruppe beschlossen und sich damit einverstanden erklärt, „daß über das festgelegte und bereits erfolgte Kontingent hinaus Asyl-Bewerber, sofern es sich um Flüchtlinge aus Vietnam handelt, in Burbach aufgenommen werden sollen.“ Die Arbeitsgruppe sah ihre Aufgaben in der Wohnraum- und Arbeitsplatzbeschaffung, Betreuung bei Einkäufen, Arztbesuchen sowie Behördengängen und in der Unterstützung der finanzielle Hilfe.
Probleme bereiteten den Neuankömmlingen vor allem das ungewohnte Klima sowie die neu zu lernende Sprache.
Anhang: Chronologische Auswertung: Kreisarchiv Siegen Wittgenstein, Sozialamt, Aktenband Vietnamflüchtlinge, Aktenzeichen 50 62 04:
15.08.1979 Interner Vermerk: Nach Rückfrage in Unna mit Zuweisung von Vietnam-Flüchtlingen rechnen,
„Lediglich die Stadt Bad Berleburg hat dort [Unna] Interesse an einer Aufnahme von Vietnam-Flüchtlingen bekundet.“
28.8.1979 Mitteilung des LKT NW: Bundeskanzler und die BRD_Ministerpräsidenten Erhöhung der Vietnam-Flüchtling-Plätze auf 10.000 (z. Vgl. Deutsche aus Osteuropa 1978 58.000, Asylbewerber 30.000). Bereits 5.000 Vietnamesen in der BRD – also 5.000 kommen noch. NRW wollte 2.500 aufnehmen (700 bereits da) „Von unkoordinierten Einzelaktionen und der Einschaltung voon privaten Organisationen in die Auswahl und den Transport von Flüchtlingen aus den Krisengebieten in die Gemeinden unseres Landes wird ausdrücklich abgeraten, da hierdurch die Familienzusammenführung erheblich erschwert wird.“
„Im übrigen ist zu bedenken, daß die Vietnam-Flüchtlinge dauernd in der Bundesrepublik bleiben sollen und sie deshalb zu integrieren sind. Ais diesem Grunde ist eine breite Streuung der Flüchtlinge auf zuviele Gemeinden nicht zweckmäßig, da sie einen effektiven Einsatz von Integrationshilfen erheblich beeinträchtigt. Es sollen daher höchstens 40 Flüchtlinge in einer Gemeinde aufgenommen werden. Die Zuweisung einer größeren Zahl von Flüchtlingen ist ebenfalls zu vermeiden, da sie zur Ghettobildung beiträgt. Bei den Integrationsbemühungen sollte eng mit den freigemeinnützigen Organisationen zusammengearbeitet werden.“
Erstattung der Kosten vom Land (Bemühung gemeinsam mit den Städtetag NRW)
Sprachförderung unter 35 J. Garantiefonds des BM Jugend Familie Gesundheit
Sprachförderung über 35 J VO im Rahmen des Programms der Bundesregeirung für Vietnam Flüchtlinge
Schulunterricht: besondere Regelungen des KM NW
Hinweis auf die Sozial- und Jugendausschußsitzung des LKT am 12.9.1979 (Frage der Vietnam-Flüchtlinge
Eingang: 3.9. Kreisverwaltung
5.9.79 Kreisverwaltung erkundigt sich tel. bei Unna–Massen, ob mit Zuweisung von Vietnam-Flüchtlingen zu rechnen ist. Gen. Aufnahmequote für bereits erfüllt, weitere Zuweisung führt zur Erhöhung des Aufnahmesolls. Darüber wird der Kreis unterrichtet.
19.9.1979 RP Arnsberg leitet Schreiben der AWO und der Evangelischen Kirchen mit Hilfsangeboten weiter (Eingang: 4.10.1979)
AWO Landesarbeitsgemeinschaft, 28.8.1979 an Landesarbeitsministerium: Sitzung am 21.8.1979 Bereitschaft zur vorübergehenden Aufnahme Bezirk westl. Westfalen: u. a. Erholungs- und Schulungsstätte der AWO, In der Heimecke 30, Altena ab November 63 Plätze
Beauftragter der ev. Kirchen bei Landtag und Landesregierung von NRW, am 17.8.1979:
12.8.1979 Kollekte für die Vietnam Flüchtlinge; Kirchenkreise Siegen und Wittgenstein stellen Wohnraum zur Verfügung
- Ortsbehördenkonferenz: TOP 5 Aufnahme von Flüchtlingen KD Behnsen gibt LKT-Linie wieder. Auf Nachfrage von Gemeindedirektor Wilkes wird die Asylberechtigung bestätigt.
9.10.1979 Gemeinde Burbach (Petri, Beig, AR Müller) an Kreis, KD Behnsen:
Kopie eines Schreibens der Arbeitsgruppe „Vietnam-Flüchtlinge“ vom 24.9.1979
25.9.1979 hat der Rat der Gemeinde Burbach die Unterstützung der AG beschlossen und ist einverstanden, „daß über das festgelegte und bereits erfolgte Kontongent hinaus Asyl-Bewerber, sofern es sich um Flüchtlinge aus Vietnam handelt, in Burbach aufgenommen werden sollen.“
16.10.1979 Gemeinde Burbach an Kreissozialamt Herr Jung m. d. B. u. w. Veranlassung Schreiben der Aktionsgruppe vom 24.9.1979:
Aktionsgruppe „Vietnam-Flüchtlinge“ Burbach; Sparkassendirektor Günter Frick, Nassauische Str. 13, Burbach
Aufnahme von 4 – 5 Familien (25 – 30 Personen)möglich
Aufgaben: Wohnraumbeschaffung, Betreuung durch 13 Burbacher Familien (mit ca. 40 Personen) bei Einkäufen, Arztbesuchen und Behördengängen, finanzielle Hilfe
2.11.1979 Burbach BM Hering an Landesarbeitsminister, Möglichkeiten der zusätzlichen Aufnahme aufzeigen
Schreiben als Kopie bei OKD Forster
9.11.1979 KD Behnsen/Herr Jung an DWH Unna-Massen (Az. 50.422-50)
Unter Hinweis auf die AG wird um Information gebeten wann wie viele Vietnamesen
kommen.
17.11.1979 SZ-Artikel: 30 vietnamesische Flüchtlinge kommen nach Burbach. Erstmals Vietnamesen im Siegerland – Flüchtlinge treffen noch im November ein – Bevölkerung zur Mithilfe aufgerufen. (Kopie)
Burbacher Ortsgruppe AI: Berthold Betz, Schwesterwohnheim der Landhausklinik
19.11.1979 Landesarbeitsministerium (Dr. Werner, Az. IV C 4 – 9133.2 – B) an Gemeinde Burbach über RP Arnsberg: Dank, Aufnahme ohne Anrechnung
22.11.1979 Sozialamt Jung an Dez.: Telefonat mit Unna: Burbach werden 30 – 34 Vietnam-Flüchtlinge zugewiesen Ankunft: 28.11.1979, Kreis keine weitere Veranlassung
22.11.1979 Unna (Weckmüller) an Gemeinde Burbach:
Bezug: Telefonat zwischen Herr Müller und Frau Hensel
Ankunft: 35 Personen am 28.11.1979 mit Bus in Burbach (Trathaus, Herr Müller)
28.11.1979 WP-Artikel: 35 Vietnamesen wolle „gute Nachbarn“ sein. (Kopie)
29.11.1979 SZ-Artikel: Neue Heimat für Ly Trung Bao und Ly Phac Tuoc. 34 Vietnamesen in Burbach eingetroffen – Trotz großer Sprachprobleme: Flüchtlinge dankbar und erleichtert. (Kopie)
29.02.1980 Unna an Gemeinde Burbach: 5 Personen am 5.3.1980
20.05.1980 Mitt NWStGB 20.5.80: Unterstützung der Kommunen durch das Vietnam-Büro e. V., Geschäftsführer Hans-Peter Breuer, Konrad-Adenauer Allee 53, Bonn
22.07.1980 Gesetz über Maßnahmen für im Rahmen humantitärer Hilfsaktionen aufgenommen Flüchtlinge
Rechtstellung, Nachweis (amtliche Bescheinigung, Ausländerzentralregister), Änderung des BaFöG-Gesetzes und des Ausbildungsförderungsgesetzes
05.02.1982 Mitt. NWStGB 5.2.82 Aufnahme von Kontingentflüchtlingen der CAP ANAMUR: Warnung vor unabgestimmten Aufnahmen (Hinweis: Zeitschrift: Deutscher Städte- und Gemeindebund Heft 12/1979 Nr. 185)
28.04.1982 WR-Artikel: Bad Berleburger Hauptausschuß beriet Aufnahme: Keine Entscheidung über die Vietnam-Flüchtlinge.
Bedenken, da keine Anrechnung der Cap Anamur-Vietnamesen auf das Flüchtlingskontingent erfolgt
20.10.1982 Landesarbeitsminister an RP mit Kopie für Kreise (Eingang: 22.11.1982)
Aufnahme engster noch in Vietnam lebender Angehöriger (getrennte Ehegatten, minderjährige Kinder): Mitteilung an Auswärtiges Amt welche Einreisegenehmigung in die BRD hat
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