Erwin Klotz – geb. 20. Juli 19061 in Erndtebrück – 7. Mai 1989 in Berlin2 – gehörte zur Vorschlagliste der 20 besten Persönlichkeiten aus dem Kreisgebiet Siegen-Wittgenstein. Neue Aktenfunde fordern eine weitere Beschäftigung mit Klotz geradezu heraus. Die bisher bekannten Informationen wurden hier zusammengestellt:
Eltern: Richard Klotz aus Littfeld, Bahnhofvorsteher in Erndtebrück, Justine Völkel aus Erndtebrück3
Ehe: Hilde Gödicke aus Berlin, 3 Kinder4
Lehre als Zimmermann5 und Brunnenbauer6
Ingenieur für Tiefbau und Baumeisterprüfung7
seit 19298 nach Tätigkeit als Tiefbauingenieur bei privaten Baufirmen in der Haupttiefbauverwaltung Berlin9
– 11. März 1937 „Erndtebrücker Weg“ in Berlin-Tegel benannt10
seit 1946 Leiter der Abteilung Tiefbau im Bezirksamt Wilmersdorf, später Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen11
– Anfang der 50er Jahre Verantwortung für die Aufschüttung des „Grunewaldberges“ (heute: Teufelsberg, 115m hoch) auf dem Gelände des Rohbaues der Wehrtechnischen Fakultät auf Trümmerschutt (bis 1955 5 Mio. m³ Schutt), bepflanzt mit 180.000 Bäumen12
dort seit 1955 die Leitung der Abteilung „Schnellstraßenbau“ übertragen und mit dem Bau eines innerstädtischen Ringes (190 km Gesamtlänge, davon 40 km Schnellstraßen, 60 km Tangenten, 90 km Ausfallstraßen; geschätzte Baukosten 34 Mio. DM, bis 1964 200 Mio DM ausgegeben) beauftragt13
1957 – 1960 Gruppenleiter Schnellstraßenbau14
– 1959 (10. April) Verurteilung zu vier Wochen Gefängnis durch das Berliner Landgericht wegen schwerer passiver Bestechung und (27. Okt.) Bestätigung des Urteils durch den 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofes.15
1961 – 1966 Unterabteilungsleiter Straßenbau-Ausführung16
1967 – 1969 Unterabteilungsleiter Straßenwesen17
„Wie bist du denn damals mit dem Bürgermeister Willy Brandt zurechtgekommen?“ fragte [Karl] Hackler seinen Onkel als dieser einmal zu Besuch in der Heimat weilte. Pfiffig war seine Antwort: „Ich hatte eine Verfügungsgewalt über 500.000 Mark, alle Baumaßnahmenwerden so ausgeschrieben, daß sie diese Summe nicht überschreiten, so brauchte ich den Senat nicht zu fragen.“18
1969 – 1971 nach Ruhestand 2 weitere Jahre auf Werksvertragsbasis weiterbeschäftigt wegen seiner erfolgreichen Verhandlungen mit der Deutschen Reichsbahn (DDR) zwecks Erwerb von deren Betriebsflächen für den Straßenbau19
Ehrungen
3. November 1976 in Mainz Ehrennadel der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen20
20. Juli 2006 Erwin-Klotz-Weg in Erndtebrück21
Quellen:
(tina): Erndtebrücker Junge in Berlin „hohes Tier“. Durch Straßennamen ein Stück Heimat-Erinnerung, Westfalenpost, Wittgenstein, 3.7.1996 (=Westfalenpost, Wittgenstein, 3.7.1996)
Krüger, Andreas: Erwin Klotz – „Vater der Berliner Autobahn“. Spurensuche, in: Wittgenstein, Jg. 94 (2006), Bd. 70, Heft 4, S. 126 – 130 (=Krüger, Spurensuche)
Online-Version der Edition „Die Kabinettsprotokolle der Bundesregierung“, Biographien, https://www.bundesarchiv.de/cocoon/barch/1001/z/z1960a/kap1_11/para2_103.html (=Kabinettsprotokolle, Biographien)
„Gut Wetter“ – DER SPIEGEL, 5.1.1960
Noch auswerten:
Bundesarchiv Berlin, R 9361-VI/8800 (Sammlung Berlin Document Center (BDC): Personenbezogene Unterlagen von Gliederungen der NSDAP und angeschlossenen Verbänden), Klotz, Erwin 20.7.1906
Landesarchiv Berlin, A Rep. 001-06 – Magistrat der Stadt Berlin, Personalbüro A Rep. 001-06;14818, Personalakte – Erwin Klotz, geb. 20.07.1906, Techn. Angestellter, Haupttiefbauamt, 1929-1944
Universitätsbibliothek Basel, UBH NL 114 (Nachlass Edgar Salin): E 27,235, 2 Schreiben an Erwin Klotz, 1966, 1967
Staatsbibliothek zu Berlin, Handschriftenabteilung, Nachl. 488 (Archiv des Verlages J. C. B. Mohr [Paul Siebeck]), A 0612,1, Blatt 62, Schreiben Klotz an den Verlag, 1966
1Kabinettsprotokolle, Biographien nennt irrtümlich das Geburtsjahr 1907.
2Krüger, Spurensuche, S. 126
3Krüger, Spurensuche, S. 126
4Westfalenpost, Wittgenstein, 3.7.1996
5Krüger, Spurensuche, S. 126 nach Berliner Morgenpost v. 7. Dezember 1955
6Westfalenpost, Wittgenstein, 3.7.1996
7Krüger, Spurensuche, S. 126 nach Berliner Morgenpost v. 7. Dezember 1955
8Westfalenpost, Wittgenstein, 3.7.1996, nennt irrtümlicherweise (?) 1927 als Eintrittsjahr in die Berliner Stadtverwaltung
9Kabinettsprotokolle, Biographien
10Die Benennung soll auf Klotz zurückgehen, der sich quasi ein Stück Heimat nach Berlin geholt habe, so sein Neffe Karl Hackler in: Westfalenpost, Wittgenstein, 3.7.1996
11Kabinettsprotokolle, Biographien
12Westfalenpost, Wittgenstein, 3.7.1996; Krüger, Spurensuche, S. 126-127
13Kabinettsprotokolle, Biographien; Westfalenpost, Wittgenstein, 3.7.1996; Krüger, Spurensuche, S. 127
14Krüger, Spurensuche, S. 127
15Kabinettsprotokolle, Biographien; s.a. „Gut Wetter“ – DER SPIEGEL, 5.1.1960:
„ … Der Fünfte Strafsenat des Bundesgerichtshofs unter Vorsitz von Senatspräsident Werner Sarstedt hat nun deutlich gemacht, wie er die sogenannte Kontaktpflege der Industrie zu beamteten Staatsdienern, die öffentliche Aufträge vergeben, beurteilt. Er verurteilte – als Revisionsinstanz – den Berliner Regierungsdirektor Erwin Klotz, 53, wegen schwerer passiver Bestechung zu einem Monat Gefängnis, weil Klotz in den Jahren 1953 bis 1956 zu Weihnachten folgende Geschenke angenommen und für sich behalten hatte:
– von den Baufirmen Stratiebau, H. H. Fuls und Schuffelhauer drei Tischuhren (jede im Wert zwischen 22 und 30 Mark),
– von der Firma Köhler KG ein Tischbarometer (im gleichen Wert),
– von den Firmen Stratiebau und H. H. Fuls zwei Schreibtischbestecke – Brieföffner und Schere im Lederetui – (jedes im Wert von 20 Mark) und
– von der Firma H. H. Fuls ein in Leder gebundenes Telefon-Notizbuch (im Wert von etwa 15 Mark).
Der Regierungsdirektor Klotz, seit dreißig Jahren untadelig im öffentlichen Dienst, war von dem Staatsanwalt und Korruptionsexperten Dr. Fuhrmann vor dem Berliner Landgericht angeklagt worden – obwohl nicht festgestellt werden konnte, daß der Beamte auch nur ein einziges Mal eine dieser Firmen tatsächlich bevorzugt hatte.
Darauf kommt es freilich, wie auch Quirini im Fall Loeffelholz entschied, nicht an: Als Magistrats-Oberbaurat in Berlin-Wilmersdorf und später als Regierungsdirektor bei der Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen vergab Erwin Klotz nämlich – speziell für den Bau von Schnellstraßen – Bauaufträge bis 20 000 Mark freihändig, bei größeren Projekten war die Wahl der Vergabeart (beschränkte oder öffentliche Ausschreibung) in sein Ermessen gestellt.
So wie Loeffelholz dem Bundesverteidigungsministerium MAN- oder Mercedes-Spezialfahrzeuge vorschlagen konnte, wobei jede dieser Entscheidungen an sich pflichtgemäß gewesen wäre, vermochte Klotz einen Auftrag nach eigenem Ermessen der Firma Stratiebau oder Köhler zu geben.
Im Gegensatz zum Subaltern-Beamten, der eine in Dienstvorschriften genau vorgezeichnete, gleichsam mechanische Tätigkeit verrichtet, war somit Klotz – ebenso wie Loeffelholz – Ermessensbeamter. Er hatte bei dienstlichen Entscheidungen die nur von seinem Ermessen bestimmte Wahl zwischen mehreren gleich richtigen Möglichkeiten.
An die Adresse aller Ermessensbeamten gewandt, stellte der BGH fest, im Sinne des Paragraphen 332 des Strafgesetzbuches handele ein Staatsdiener, dem der Staat Ermessensfreiheit einräumt und damit ein besonderes Vertrauen entgegenbringt, schon dann pflichtwidrig,
– »wenn er die Geschenke angenommen hat in der Erkenntnis, der Schenker erwarte von ihm unter Umständen die Begehung einer pflichtwidrigen Handlung. Die Pflichtwidrigkeit liegt bereits darin, daß der (Beamte) infolge der Beschenkung an seine Ermessensentscheidungen nicht mehr unbefangen herangehen kann, sondern nur – möglicherweise ganz unbewußt – mit der inneren Belastung, die für ihn in den gewährten Geschenken liegt, und durch die sein Urteil regelmäßig getrübt wird«.
Mit anderen Worten: Es ist bedeutungslos, ob der Beamte in solcher Position die von dem Spender ersehnte Amtshandlung wirklich vornimmt, vornehmen will oder überhaupt vornehmen kann.
An eine genau bestimmte Amtstätigkeit brauchen die Beteiligten demgemäß bei der Hingabe der Gefälligkeiten auch gar nicht zu denken. Für die Strafbarkeit des Beamten kommt es laut Bundesgerichtshof keineswegs darauf an, »ob er entschlossen war, sich beeinflussen zu lassen und ob er sich später pflichtwidrig verhalten hat«. Sagt der BGH: »Es genügt, daß (der Beamte) die als Entgelt für eine pflichtwidrige Amtshandlung gedachte Zuwendung in Kenntnis dieses Zweckes annahm.«
Unbeeindruckt vom Erfolgsglanz der Manager hatte bereits die Berliner Strafkammer, vor der das Verfahren gegen Klotz in erster Instanz stattgefunden hatte, die Motive der Industrie bloßgelegt, die Koenecke im Loeffelholz-Prozeß unschuldsvoll als Pflege »gesellschaftlichen Kontakts« umschrieben hatte. Nüchtern erklärte die Berliner Strafkammer, dem Regierungsdirektor Klotz sei bewußt gewesen, daß »ihm nichts um seiner selbst willen geschenkt wurde, sondern daß er die sogenannten Werbeartikel wegen und mit Bezug auf seine Dienststellung erhielt. Er wußte, daß die Schenker etwas von ihm wollten, daß sie besonders im Hinblick auf diese Geschenke bei ihm ‚gut Wetter‘ für ihre Geschäfte erhofften. …
Nachdem der Bundesgerichtshof am Exempel des Berliner Regierungsdirektors Erwin Klotz die Leitsätze noch einmal so ausdrücklich bestätigt hat, an denen sich die Rechtsprechung in Sachen Korruption – wie schon im Deutschen Reich – so auch in der Bundesrepublik Deutschland orientieren muß, erwartet die Bonner Justiz interessiert, wie wohl das Oberlandesgericht Köln über die Beschwerde der Bonner Staatsanwaltschaft gegen Kilbs Rehabilitierung durch die neugegründete Siebte Kammer entscheidet.
* (Schwere passive Bestechung.) Ein Beamter, welcher für eine Handlung, die eine Verletzung einer Amts- oder Dienstpflicht enthält, Geschenke oder andere Vorteile annimmt, fordert oder sich versprechen läßt, wird wegen Bestechung mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren bestraft. – Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnisstrafe ein.“
16Krüger, Spurensuche, S. 127
17Krüger, Spurensuche, S. 127
18Westfalenpost, Wittgenstein, 3.7.1996
19Krüger, Spurensuche, S. 129
20Krüger, Spurensuche, S. 129
21Krüger Spurensuche, S. 126
Da fehlt mir eindeutig die Frage, was der Kerl denn im NS so getrieben hat.
Mir auch noch. Aber auf die für die Klärung der Frage einschlägigen Unterlagen im Bundesarchiv und im Landesarchiv Berlin wurde hingewiesen.