In seinem „Klick in die Vergangenheit“ widmet sich das Stadtarchiv Siegen regelmäßig unterschiedlichen Episoden der städtischen Geschichte. Besondere Anlässe, historische Ereignisse, bislang unbekannte Aspekte oder bemerkenswerte Stücke aus den Archivbeständen sollen dabei der Öffentlichkeit präsentiert werden.
Im Fokus der neuen Ausgabe steht von Februar bis Ende Mai 2023 der Bezug eines Vorgängers des heutigen Gymnasiums Am Löhrtor ein neues Schulgebäude vor 150 Jahren. „Die räumlichen Defizite am alten Standort hatten sich als eklatant erwiesen. Der ehemalige Marstall des Unteren Schlosses platzte förmlich aus allen Nähten“, wie Christian Brachthäuser erklärt. Für die Höhere Bürgerschule, ab 1859 Realschule erster Ordnung, standen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ganze sechs Räume zur Verfügung – wohlgemerkt für rund 312 Schüler, die beispielsweise 1870 die Bildungseinrichtung besuchten.
„Dieser Missstand führte ab 1866 zu kontroversen Diskussionen in der Bevölkerung. Ein Teil favorisierte einen Neubau, anderen wiederum plädierten für eine Aufstockung des Marstalls durch eine dritte Etage. Eine dritte Fraktion brachte sogar eine bauliche Erweiterung des Rathauses für pädagogische Zwecke ins Spiel“, so Brachthäuser. Nach langwierigen Verhandlungen wurde erst Ende Oktober 1868 Konsens erzielt. Es bedurfte allerdings erst eines von der Regierung Arnsberg eingesetzten „Kommissars“, um zwischen den Parteien zu vermitteln und eine Entscheidung zu erzwingen – und zwar zugunsten eines Neubaus zwischen Oranienstraße und der Weiß. „Die Aufstellung der Baupläne übertrug man dem namhaften Architekten Professor Julius Carl Raschdorf, der zuvor für die Neugestaltung des Kölner Rathauses verantwortlich gezeigt hatte und der von 1894 bis 1905 mit dem Berliner Dom noch sein wohl bekanntestes Werk schaffen sollte“, weiß Brachthäuser zu berichten. Doch es vergingen noch mehrere Jahre, bis am 2. Mai 1873 endlich die Eröffnung des neuen Schulgebäudes gefeiert werden konnte. Nach 1882 erfolgter Erhebung in den Rang eines Realgymnasiums wurde der Mitteltrakt des repräsentativen Baus im Jahr 1905 vergrößert. Die Hintergründe des langwierigen und nicht immer konfliktfreien Verlagerungsprozesses sind in einer illustrierten PDF-Dokumentation unter www.stadtarchiv-siegen.de zusammengefasst. Parallel zu dem Online-Klick in die Vergangenheit sind in einer Glasvitrine des Stadtarchivs Siegen im KrönchenCenter (3. Etage) ausgewählte historische Stücke zum 150jährigen Jubiläum des Standorts Oranienstraße ausgestellt. Der Eintritt ist dienstags bis donnerstags von 10-14 Uhr oder auf vorherige Anfrage frei.