Sie wurde in den Jahren 1908 bis 1909 für den Unternehmer Heinrich Gontermann erbaut – die Villa „Fürst-Bülow-Straße 22“ ist als Denkmal des Monats Oktober im Kalender 2019 der Arbeitsgemeinschaft Historische Stadtkerne ausgewählt worden.
Mit ihrer ruhigen und exponierten Hanglage am Häusling und dem damit verbundenen herrschaftlichen Blick auf die Altstadt Siegens verdeutlicht die nach Plänen des Architekten Georg Metzendorf errichtete Fabrikantenvilla die Lebensverhältnisse und das Selbstverständnis der Industriellen um 1900. Durch die Trennung von der engen Baustruktur innerhalb der Stadt dokumentiert das Bauwerk daher auch ein Stück Stadtentwicklungsgeschichte.
Schlichte Gestaltung der Reformarchitektur
Die klare und schlichte architektonische Formensprache der Fabrikantenvilla weist auf die Reformarchitektur hin und bezeugt so die Abwendung von der Verspieltheit des romantischen Historismus: Äußerlich zeichnet sich die zweigeschossige Villa durch ein massives Sockelgeschoss aus behauenem Sandstein, weiß verputzte Außenwände und ein schiefergedecktes Mansardendach aus.
Ein halbrunder Vorbau, in dem sich der Haupteingang befindet, ist rückwärtig zum Hang gelegen. Auf Höhe des ersten Geschosses wird dieser Vorbau durch einen Altan abgeschlossen. Pilaster mit ionisierenden Kapitellen fassen die Ecken des Haupthauses ein.
Ein ovales Fenster im Giebel und eine eingeschossige Säulenvorhalle betonen die Mittelachse. Komplementär zur Rückfront befindet sich ein Altan – mit Balustrade – auf diesem ausladenden, rechteckigen Vorbau. Ein eingeschossiger, zurückstehender ehemaliger Küchenanbau, ebenfalls mit Mansardendach, befindet sich an der Ostseite des Gebäudes.
Innenraum weitgehend erhalten
Die Aufteilung des Innenraums ist weitgehend erhalten: Der Haupteingang führt in eine halbrunde Vorhalle, die durch vier längsovale Fenster erhellt wird. Die zur weiterführenden Diele gelegene Wand und die Flügeltür verfügen über Sprossenfenster aus geschliffenem Glas und eine kassettierte Holzverkleidung.
Die feststehenden Brüstungszonen sind zusätzlich durch schmale Schmuckbalustraden verziert. Auch die Wandverkleidung der Diele, Türlaibungen, Türen und das Geländer der Holztreppe, die in das Obergeschoss führt, sind mit einer mit einfachen Schmuckelementen verzierten Holzverkleidung versehen.
Kurzzeitig wurde die Fabrikantenvilla als Studentenwohnraum genutzt. Seinen neuen Eigentümern ist es zu verdanken, dass das Gebäude seine ursprüngliche Struktur und Seele zurückerhalten hat: Reversible Einbauten sowie die verschlossene Verbindungstür von ehemaligem Empfangszimmer zum Wohnzimmer wurden zurückgebaut und damit denkmalkonstituierende Architekturdetails freigelegt. Dezenter Deckenstuck und Parkett sind teilweise erhalten.
Die „Denkmäler des Monats“ werden jedes Jahr von den neun Mitgliedsstädten der Regionalgruppe „Südliches Westfalen“ sowie drei Städten der Regionalgruppe „Münsterland“ der Arbeitsgemeinschaft Historische Stadtkerne ausgewählt. Für das Siegener „Denkmal des Monats“ 2019 hat eine Auswahlkommission der Stadtverwaltung unter Leitung von Stadtbaurat Henrik Schumann das Objekt „Villa Fürst-Bülow-Straße 22“ gewählt.
Quelle: Stadt Siegen, News, 9.11.2018