Im Kampf gegen google und facebook beabsichtigen europäische Parlamentarier über das Ziel hinauszuschießen. Ein ohne die Konsultation von ArchivarInnen vorbereiteter Entwurf sieht vor, dass alle personenbezogenen Daten bald nach der Aufgabenerfüllung schon von den Behörden gelöscht werden. Die rechtlich klar abgesicherten Verpflichtungen der öffentlichen Archive zum Schutze personenbezogener Daten werden dabei nicht berücksichtigt. Ein Ersatz verlorener Zeugnisse wie auch die Bereitstellung von Angaben zur Rentenberechnung würde damit künftig unmöglich, von genealogischen Forschungen ganz zu schweigen. Eine Aufarbeitung brisanter Themen, wie die Hilfeleistung für DDR-Heimkinder wäre ohne Nachweise von Heimaufenthalten künftig nicht mehr möglich. Der Internationale Archivrat unterstützt ausdrücklich die Protestaktion, die vom französischen Archivarsverband gestartet wurde.
Auf seiner Sitzung im April 2013 Amsterdam äußerte der Lenkungsausschuss der Sektion professioneller Berufsverbände (SPA) des International Council on Archives (ICA) seine Besorgnis über den Entwurf einer europäischen Datenschutzverordnung, die zu einer Vernichtung jeglicher persönlicher Daten führen wird (der VdA berichtete darüber auf seiner Website). Der Ausschuss empfiehlt den Mitglieder des ICA in- und außerhalb ihrer Verbände die Unterzeichnung einer von der Association des Archivistes Francais-AAF initiierten Petition, die darauf verweist, dass Archive ein einzigartiges und unersetzliches Erbe bewahren und eine wesentliche Rolle in der Entwicklung von Gesellschaften durch die Sicherung der individuellen wie auch des gemeinschaftlichen Gedächtnisses spielen (Universal Declaration on Archives der UNESCO über die Bedeutung der Archive aus dem Jahr 2011).
Die vom französischen Archivarverband initiierte Online-Petition hat derzeit schon fast 44.500 Unterzeichner aus ganz Europa. Mindestens 50.000 Unterzeichner werden insgesamt benötigt.
Hier geht es zur Online-Petition: https://www.change.org/petitions/the-european-parliament-adjourn-the-adoption-of-the-regulation-about-personal-data?utm_campaign=action_box&utm_medium=twitter&utm_source=share_petition#share
Quelle: Verband deutscher Archivarinnen und Archivare, Facebook-Seite
Als Zeithistoriker war mir bislang nur der VDA bekannt, der schwer rechtslastige „Verband für das Deutschtum im Ausland“, nach dem NS-Ende einige Jahre verboten, vor einigen Jahren endlich doch wenigestens umbenannt.
Nun erfahre ich von einem Zusammenschluss mit ebenfalls diesem Kürzel, aber kleinem „d“, der sich auch noch dagegen zur Wehr setzt, dass mit dem Vorwand „facebuch“ die flächendeckend komplette, für die Historiografie (und die kritischen Mmedien) unverzichtbare Datenbestände vernichtet werden sollen. Ich lese ja noch regelmäßig die Zeitung, davon hatte ich aber noch gar nichts erfahren. Jedenfalls dankeschön an die aufmerksamen Archivare vom VdA!