Frühjahr 1945: Binnen weniger Wochen besetzen alliierte Truppen ganz Westfalen. Stadt für Stadt, Dorf für Dorf werden zum Teil gegen erbitterten deutschen Widerstand, zum Teil auch kampflos erobert. Begleitet werden die rasch vorrückenden Einheiten von kleinen, „eingebetteten“ Kamerateams, die die Besetzung der Region zwischen Ruhr und Weser professionell auf Film festhalten. Genau 70 Jahre später veröffentlicht der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) die zum Teil spektakulären Bilder, die US-Kameraleute 1945 drehten, als Filmdokumentation.
Rund acht Stunden des heute in den „National Archives“ in Washington lagernden, sämtlich in schwarz-weiß entstandenen US-Filmmaterials hatte das LWL-Medienzentrum 2005 und 2014 als Kopien in sein Filmarchiv übernommen. „Die Aufnahmen sind für Westfalen von ganz besonderer Bedeutung, weil es zumeist die einzigen bewegten Bilder überhaupt sind, die vom Kriegsende in den Städten und Dörfern unserer Region existieren“, urteilt LWL-Direktor Matthias Löb. „Die überwiegend unveröffentlichten Aufnahmen zeichnen kein vollständiges, aber ein sehr facettenreiches und anschauliches Bild vom Kriegsende in Westfalen“, ergänzt Prof. Markus Köster, Historiker und Leiter des LWL-Medienzentrums, der die Idee zur Veröffentlichung hatte: Die US-Filme zeigen Kampfhandlungen und Kriegszerstörungen ebenso wie die massenhafte Gefangennahme deutscher Soldaten, Begegnungen mit der Zivilbevölkerung, die Befreiung von Zwangsarbeiterlagern, die Internierung von Funktionären des „Dritten Reiches“ sowie alliierte Siegesfeiern und die allmähliche Rückkehr zur Normalität.
Die Dokumentation „Als die Amerikaner kamen“ enthält unter anderem Filmaufnahmen aus: Altenhundem und Würdinghausen (Kreis Olpe), Bad Salzuflen (Kreis Lippe), Beckum (Kreis Warendorf), Bochum, Gelsenkirchen, Haltern (Kreis Recklinghausen), Hamm, Menden und Hemer (Märkischer Kreis), Herne, Lügde (Kreis Lippe), Minden, Münster, Olpe, Paderborn, Recklinghausen, Elspe, Schmallenberg (Hochsauerlandkreis), Siegen, Soest, Stukenbrock (Kreis Gütersloh), Suttrop bei Warstein (Kreis Soest), Wehrden bei Beverungen (Kreis Höxter) und Witten (Ennepe-Ruhr-Kreis).
Hintergrund
Obwohl die Aufnahmen der amerikanischen Kameraleute nicht selten inszeniert bzw. nachgestellt wirken, haben sie heute einen hohen zeithistorischen Wert. Sie werfen sie einen Blick von außen auf die deutsche Gesellschaft und rücken auch Aspekte ins Bild, die in den zeitgenössischen deutschen Berichten nicht vorkommen. „Besonders berührt haben mich die Aufnahmen der exhumierten Leichen von 57 Zwangsarbeitern, die in den letzten Kriegstagen im Arnsberger Wald von Wehrmacht und SS erschossen worden waren“, sagt Dr. Ralf Springer, der sich als Leiter des Filmarchivs intensiv mit den Aufnahmen beschäftigt hat. Aber es gebe auch manche Szene, die schmunzeln lässt, etwa die eines kleinen Jungen in Gelsenkirchen, der stolz die Filmklappe eines US-Kameramanns halten darf.
Im Wintersemester 2014/15 sind die Filmsequenzen im Rahmen eines Seminars mit Studierenden der Universität Münster gesichtet, analysiert und in ihren jeweiligen historischen Kontext eingeordnet worden. Für die Dokumentation wurden dann unter der Bildregie von Katarzyna Salski die aussagekräftigsten Szenen ausgewählt, mit Musik unterlegt und fachkundig kommentiert. „Ein faszinierendes Zeitdokument der Stunde Null“, meint Salski.
Die DVD „Als die Amerikaner kamen“ kann ab 24. April im Shop des LWL-Medienzentrums (http://www.westfalen-medien.lwl.org) und im Buchhandel erworben werden.
Als die Amerikaner kamen
US-Filmaufnahmen vom Kriegsende 1945 in Westfalen
DVD mit Begleitheft, Preis 14,90 Euro,
Bezug: LWL-Medienzentrum für Westfalen, Fürstenbergstr. 14, 48147 Münster
E-Mail: medienzentrum@lwl.org,
http://www.westfalen-medien.lwl.org
Quelle: LWL, Pressemitteilung, 20.04.2015
Link zur PDF-Version des Begleitheftes
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