„An der ,Heimatfront‘ – Westfalen und Lippe im Ersten Weltkrieg“
2014 jährt sich zum 100. Mal der Beginn des Ersten Weltkrieges. Wie sah der Alltag in Westfalen und Lippe in den Jahren 1914 bis 1918 im Zeichen von Not, Entbehrung, Krankheit, Trennung und Verlust aus? Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) bereitet eine Wanderausstellung vor, die die Kriegszeit aus dem Blickwinkel der Zivilbevölkerung in der Region beleuchten soll. Dafür sucht Ausstellungsmacherin Dr. Silke Eilers vom LWL-Museumsamt noch aussagekräftige Exponate: „Mit Hausrat, Ersatzstoffen, Kleidung, Spielzeug, Andenken an Kriegshochzeit und andere Feste, Gegenständen aus Sammelaktionen, Kriegsproduktion und Gefangenenlagern, ‚Liebesgaben‘, ‚Hurrakitsch‘, Kunstwerken, Trauerschmuck und Gegenständen der Erinnerungskultur wollen wir den Kriegsalltag darstellen.“Die Ausstellung „An der ,Heimatfront‘ – Westfalen und Lippe im Ersten Weltkrieg“ möchte eine regionale Innenansicht des Krieges ermöglichen. Sie berücksichtigt Aspekte wie Kriegsbeginn, Familienleben, Versorgungslage, Fürsorge, Arbeitswelt, Heimkehr, Kriegsende und -erinnerung. Zeugnisse persönlicher Erfahrungen und Empfindungen vermitteln einen Eindruck von der Lebenswirklichkeit. Dabei wird die Ausstellung den Realitäten vor Ort offizielle Mobilisierungsstrategien gegenüberstellen.
„Am Vorabend des Ersten Weltkriegs schwankte die Stimmung in Westfalen und Lippe wie im gesamten Reich zwischen Euphorie und Skepsis. Der tägliche Kampf ums Überleben führte rasch zur Ernüchterung“, erklärt Eilers. „Der Krieg erreichte mit Versorgungseng¬pässen, Preissteigerungen und Rationierungen den heimischen Herd. Ersatzprodukte hielten in vielen Lebensbereichen Einzug. Formen der Selbsthilfe wie Selbstversorgung, Schleichhandel und Hamstern gewannen an Bedeutung. In Teilen Westfalens kam es zu Protesten, Streiks und Unruhen.“
Die Ausstellung spürt darüber hinaus veränderten Familienstrukturen nach. Inwieweit trug der Krieg zu einem Wandel von Geschlechterrollen, Moralvorstellungen und Verhaltensformen bei? Die Jugend bewegte sich in einem Spannungsfeld zwischen schulischer und vormilitärischer Kriegserziehung und dem Fehlen männlicher Bezugspersonen. Die Familien trieb die Sorge um die Angehörigen an der Front um. Feldpostbriefe – millionenfach versen¬det – boten neben kurzen Heimaturlauben die einzige Möglichkeit der Kontaktaufnahme zwischen Soldaten und Angehörigen. „Liebesgaben“ wurden organisiert von städtischen oder gemeinnützigen Einrichtungen und Vereinen, in großem Umfang in die Kriegsgebiete befördert.
Abschließend wird sich die Ausstellung mit dem Kriegsende und dem Nachklang des Krieges in Formen privater und offizieller Erinnerung bis in die 1920er Jahre beschäftigen. So soll auch die regionale künstlerische Auseinandersetzung in den Blick genommen werden.
Die Ausstellung wandert 2014 und 2015 durch acht Museen in Westfalen-Lippe, sie ist zu sehen im Mindener Museum, im Historischen Centrum Hagen, im Museum für Kunst- und Kulturgeschichte Dortmund, im Stadtmuseum Münster, im Kreismuseum Wewelsburg, Büren (Kreis Paderborn), im Sauerland-Museum des Hochsauerlandkreises in Arnsberg, im Hamaland-Museum in Vreden (Kreis Borken) und im Historischen Museum im Marstall in Paderborn-Schloß-Neuhaus. Ergänzend sind ein wissenschaftlicher Begleitband und ein museumspädagogisches Programm geplant.
Privatleute, Museen und Archive, die Materialien zur Ausstellung beitragen möchten, werden gebeten, sich an Dr. Silke Eilers, LWL-Museumsamt für Westfalen, unter 0251 591-4663 oder silke.eilers@lwl.org zu wenden.
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