«Mittleren Datentechnik» bei der Siemag Feinmechanische Werke (1950 bis 1969),
Zeitschrift für Unternehmensgeschichte (2021), S. 93 – 117
Abstract:
„Die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts gilt gemeinhin als eine Zeit, in der deutsche Unternehmen an Innovationskraft verloren, während vielversprechende neue Technologien in den USA ein enormes Innovationspotenzial boten. Dass deutsche Unternehmen in der Produktion mittlerer Datentechnik durchaus erfolgreich waren und erheblichen Einfluss auf die Entwicklung der elektronischen Datenverarbeitung hatten, wurde von Wirtschafts- und Medienhistorikern bisher gleichermaßen vernachlässigt. Der Artikel analysiert die Siemag Feinmechanische Werke (Eiserfeld) als einen der bedeutendsten Hersteller der Vorläufer dieser Medium-Data-Technologien in den 1950er und 1960er Jahren. Besonders hervorgehoben werden zwei Transformationsprozesse der Medien – von der Mechanik zur Halbleitertechnik und von der Halbleitertechnik zur vollelektronischen Technologie. Es stellt sich die Frage, wie und warum ein mittelständisches Familienunternehmen wie Siemag trotz fehlender Fachkenntnisse im Bereich Elektrotechnik und schwierigen Standortbedingungen zum führenden Anbieter für Bürocomputer der mittleren Datenverarbeitung aufsteigen konnte.
Der Artikel zeigt, dass Siemag den Wandel von den Wurzeln in der Schwerindustrie hin zur Produktion innovativer Hochtechnologiegeräte erfolgreich vollzogen hat. Diese Entwicklung ist auf die strategischen Entscheidungen des Unternehmens zurückzuführen. Solange ihre Produkte keine Massenware waren, konnte sich ein mittelständisches Familienunternehmen wie Siemag durch kluge Entscheidungen, die auf flexible Spezialisierung, gezielte Lizenz- und Patentkooperationen sowie innovative Produkte setzten, auch in den USA behaupten angesichts widriger Umstände. Erst in der zweiten Hälfte der 1960er Jahre, als die Gewinnmargen aufgrund steigender Verkaufszahlen zurückgingen und Büromaschinen endgültig zu Bürocomputern geworden waren, sah sich Siemag gezwungen, eine Kooperation mit Philips einzugehen, um das Spektrum zu erweitern und den Produktionsstandort in Eiserfeld in einem größeren Geschäftskomplex zu integrieren.“