Stadtarchiv Siegen erinnert an historisches Advents- und Weihnachtsbrauchtum im Siegerland
In seinem ‚Klick in die Vergangenheit‘ widmet sich das Stadtarchiv Siegen regelmäßig unterschiedlichen Episoden der städtischen Geschichte. Besondere Anlässe, historische Ereignisse, bislang unbekannte Aspekte oder bemerkenswerte Archivalien in den Beständen sollen dadurch der Öffentlichkeit vorgestellt werden. Die neue Ausgabe dokumentiert ausgewählte Bestandteile des historischen Advents- und Weihnachtsbrauchtums unserer Region vom Mittelalter bis ins 20. Jahrhundert.
Wenn in Siegen alljährlich ab Mitte November der Duft von Glühwein und gebrannten Mandeln zahlreiche Menschen in die Innenstadt zwischen Winterzauber und Weihnachtsmarkt lockt, ist die Adventszeit eingeläutet. Kritische Stimmen bemängeln, dass von der ursprünglichen Bedeutung des Advents (lat. adventus = Ankunft) im Sinne einer andachtsvollen Vorbereitungszeit auf die Geburt Christi nicht mehr viel übrig geblieben zu sein scheint. In ihren Augen mündet die Profanierung, das heißt die Entweihung des eigentlichen Anlasses, vielfach in Kitsch und Konsum. Dabei gehen die Adventsfeierlichkeiten bereits auf das sechste nachchristliche Jahrhundert zurück und stellten früher eine Zeit der Enthaltsamkeit oder der Buße dar. „Auch Stadt und Kreis Siegen können auf eine jahrhundertealte Tradition zurückblicken“, wie Christian Brachthäuser vom Stadtarchiv Siegen erklärt. Quellen in den Archivbeständen erwähnen beispielsweise Nikolausumzüge im späten Mittelalter.
„Bereits Mitte des 15. Jahrhunderts formierte sich Siegens Schuljugend, um aus ihrer Mitte einen Knabenbischof auszuwählen, der dann auf einem Pferd sitzend und mit Mitra bekleidet, gemeinsam mit seinen Mitschülern durch die winterlichen Gassen vor das Siegener Rathaus zog, um hier Gesangskünste vorzutragen und Geschenke in Empfang zu nehmen“, so der Bibliothekar. Mitte des 17. Jahrhunderts wurde sogar fröhlich musiziert, wie historische Aufzeichnungen berichten. Ein besonderes Schmankerl stellte vielleicht das sogenannte ‚Sterzelaib‘ (oder Stephansbrot) dar, das am zweiten Weihnachtstag besonders den Knechten und Mägden sowie anderen kommunalen und landesherrlichen Bediensteten als Bestandteil des meist am Stephanstag (26. Dezember) ausbezahlten Lohnes gereicht wurde. Dabei handelte es sich um ein nach jahreszeitlichem Ritus gebackenes kleines Brot, das aus übriggebliebenem Teig geformt wurde. Wohl im Verlauf des späten 18. Jahrhunderts wurden im Siegerland offenbar die ersten Christbäume geschmückt. Und dies obwohl die Fürstliche Rentkammer des regierenden Landesherrn Wilhelm V. Batavus Prinz von Oranien und Fürst zu Nassau (1748-1806) per Dekret am 9. Dezember 1786 verkündet hatte, dass der Gebrauch solcher Bäume bei Strafandrohung untersagt sei. „Immerhin impliziert diese amtliche Maßregelung, dass der Brauch, zur Weihnachtszeit einen grünen Nadelbaum zu fällen und zu schmücken, bereits existierte“, gibt Brachthäuser zu bedenken. Seine Zeitreisen zurück in das Siegerländer Weihnachtsbrauchtum vergangener Jahrhunderte, die Besinnlichkeit im engen Familienkreis ebenso wie das ausgelassene Feiern in Lokalen und der Besuch von karitativen Veranstaltungen und Festbällen im frühen 20. Jahrhundert sind als PDF-Dokumentation ab sofort auf der Website www.stadtarchiv-siegen.de abrufbar. Parallel findet noch bis zum 20. Dezember 2019 eine begleitende Vitrinen-Präsentation im Lesesaal des Stadtarchivs Siegen statt. Gezeigt werden historische Postkarten und Werbeannoncen, die behördlichen Auflagen aus dem 18. Jahrhundert sowie die frühneuzeitlichen Akten aus den Beständen des Stadtarchivs, die Zeugnis ablegen von der Bedeutung der „cristhelligen dagen“ unserer Region. Der Eintritt ist selbstverständlich frei!