Die Bundesregierung will die Schutzfristen im Bundesarchiv deutlich verkürzen. Ihr Gesetzentwurf zur Novellierung des Bundesarchivrechts steht im Mittelpunkt der heutigen, öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Kultur und Medien. Die Sitzung unter Leitung von Siegmund Ehrmann (SPD) beginnt um 14.30 Uhr im Sitzungssaal E 300 des Paul-Löbe-Hauses in Berlin und dauert etwa zwei Stunden.
Die Anhörung wird am 19. Oktober ab 17.30 Uhr zeitversetzt im Parlamentsfernsehen, im Internet auf www.bundestag.de und auf mobilen Endgeräten übertragen.
Archiv soll nutzer- und wissenschaftsfreundlicher werden
Mit der Neuregelung soll das Bundesarchiv mit neun Standorten in Deutschland (Hauptdienststelle ist Koblenz) nutzer- und wissenschaftsfreundlicher werden. So sollen die Schutzfristen für personenbezogenes Archivgut von 30 auf zehn Jahre nach dem Tod der betroffenen Person gesenkt werden. Im Fall von Amtsträgern und Personen der Zeitgeschichte soll die Schutzfrist komplett entfallen, wenn der schutzwürdige Privatbereich nicht betroffen ist.
Nach dem Willen der Regierung sollen zudem in Zukunft alle öffentlichen Stellen des Bundes ihre Akten und Unterlagen nach 30 Jahren dem Bundesarchiv anbieten. Die Schutzfristen für Archivgut, das den Geheimhaltungsvorschriften des Bundes unterliegt, sollen von 60 auf 30 Jahre verkürzt werden können, wenn eine Veröffentlichung die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland nicht gefährdet. (aw/12.10.2016)
Zeit: Mittwoch, 19. Oktober 2016, 14.30 bis etwa 16.30 Uhr
Ort: Berlin, Paul-Löbe-Haus, Sitzungssaal E 300
Liste der geladenen Sachverständigen
- Dr. Michael Hollmann, Präsident Bundesarchiv
- Ralf Jacob, Vorsitzender, Verband deutscher Archivarinnen und Archivare e.V. (VdA)
- Prof. Dr. Hanns Jürgen Küsters, Hauptabteilungsleiter Wissenschaftliche Dienste, Archiv für Christlich-Demokratische Politik, Konrad-Adenauer-Stiftung e.V.
- Dr. Clemens Rehm, stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses Archive und Recht, Konferenz der Leiterinnen und Leiter der Archivverwaltungen des Bundes und der Länder (KLA)
- Prof. Dr. Eva Schlotheuber, Vorsitzende, Verband der Historiker und Historikerinnen Deutschlands e.V. (VHD)
- Prof. Dr. jur. Eric W. Steinhauer, Fernuniversität in Hagen, Humboldt-Universität zu Berlin
- Andrea Voßhoff, Die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit
Quelle: Bundestag, 12.10.2016
Ausder Erfahrung wissenschaftlich wie auch genealogisch arbeitender Forscher ist die Verwirklichung der angestebten Änderungen, weil längst überfällig, nur zu begrüßen. Derartige Änderungen sind aber auch für die Archivgesetze der Länder unerlässlich und müssen bis in die Archive der Kreise und Kommunen durchschlagen. Ein (schlechtes) Beispiel: Die im Archiv der Hansestadt Lübeck befindlichen Standesamtsregister sind nicht einsehbar! Auch nicht die Register. Für Anfragen ist ein Formular auszufüllen. Archivmitarbeiter suchen und erstellen gegen viertelstündig berechnete Gebühr dann Kopien. Benutzerfreundlichkeit???
Ein Link zur Aufzeichnung der Anhörung, den schriftlichen Statements der Sachversändigen findet sich auf der Seite des Verbandes deutscher Archivarinnen und Archivare. Dort wird auch über die Novellierung diskutiert: http://www.vda-blog.de/index.php/2016/10/20/oeffentliche-anhoerung-zur-novellierung-des-bundesarchivgesetzes/