Mit ihrer Einbettung in Architektur und Lichtregie ist die Orgel von St. Martinus in Wilnsdorf einzigartig im Erzbistum Paderborn
„Als der Tag des Pfingstfestes gekommen war, waren alle zusammen am selben Ort. Da kam plötzlich vom Himmel her ein Brausen, wie wenn ein heftiger Sturm daherfährt, und erfüllte das ganze Haus, in dem sie saßen“ (Apg 2,1-2). So berichtet die Apostelgeschichte vom Pfingstereignis, auch bekannt als Geburtsstunde der Kirche. „Spätere Zeiten haben versucht, das Brausen des Heiligen Geistes in Orgelmusik zu übersetzen“, sagt Dr. Christian Vorbeck. „Pfingsten ist daher auch das hohe Fest der Orgelmusik.“
Vorbeck weiß, wovon er spricht. Er ist studierter Kirchenmusiker, wurde mit einer Arbeit über eine süddeutsche Orgelbauerdynastie zum Dr. phil. promoviert, ist im Dekanat Hagen-Witten Dekanatskirchenmusiker, hat Orgelmusik komponiert und veröffentlicht – und mehr noch: Christian Vorbeck ist einer von drei Orgelbeauftragten des Erzbistums Paderborn. Damit ist er für gut und gerne 250 Kirchenorgeln im westlichen und südwestlichen Teil des Erzbistums zuständig. Stehen in diesem Gebiet Neu- und Umbauten, Renovierungen oder Umintonierungen an, ist Vorbeck beratend und betreuend aktiv. Überdies hilft er den Gemeinden, Angebote von Fachfirmen einzuholen oder Wartungsverträge zu verhandeln. Bei Veränderungen an historischen Orgeln arbeitet er mit den Denkmalschutzbehörden zusammen, und eine Maßnahme an einer Orgel ist immer erst dann wirklich abgeschlossen, wenn er zuvor sein Plazet gegeben hat.
Kurzum: Dr. Christian Vorbeck ist Fachmann in seinem Metier. Doch einer Orgel wie der in St. Martinus in Wilnsdorf ist er weder in seiner Zeit an der Universität noch während seiner Berufstätigkeit begegnet. „Für sich allein ist das Instrument wenig spektakulär“, erklärt der Orgelexperte. „Die Einzigartigkeit besteht in dem besonderen Zusammenwirken mit der Lichtregie im Raum.“ Die Orgel ist aus der Raummitte der Empore herausgerückt. Links neben ihr nimmt ein flammenförmiges Glasfenster die gesamte Höhe der Giebelwand ein. In sprühenden Farben verkündet es, wie Gott den Heiligen Geist auf die Menschen herabsendet. „Bei einem engagiert vorgetragenen Orgelstück kann man in dieser Kirche das Brausen des Heiligen Geistes förmlich spüren“, sagt Christian Vorbeck, der modernen Kirchenbauten wie der Martinuskirche in Wilnsdorf vieles abgewinnen kann, nicht nur unter akustischen Gesichtspunkten, sondern auch durch ihr theologisches Programm.
Geweiht wurde St. Martinus in Wilnsdorf im Jahr 1972. Architektonisch interessant wird die Kirche unter anderem durch ihr von vier Giebelwänden getragenes kreuzförmiges Zeltdach. Eine weitere Besonderheit der Kirche ist ihr weit abgerückter Turm. Dieser ist das einzige Relikt des 1889/1890 im neoromanischen Stil errichteten Vorläuferbaus. Das Kirchenschiff musste wegen der schlechten Bausubstanz, unter anderem waren die Mauern durchnässt, abgerissen werden. Auch die Ausstattung der Martinuskirche ist durch ihre geschickte Kombination von modernen und historischen Kunstgegenständen bemerkenswert. So findet sich in der Kirche der früheste erhalten gebliebene Geschossaltar aus der Bildhauerwerkstatt Papen. Er entstand um das Jahr 1700 als Seitenaltar für die Abteikirche des Zisterzienserklosters in Hardehausen. An seinem neuen Ort steht der Altar vor einer Lichtwand. Kommt von der Orgel ein Brausen her, wird auch dieser optische Eindruck in seiner Wirkung noch verstärkt.
Quelle: Erzbistum Paderborn, Neuigkeiten, 1.9.2024