Vor 99 Jahren: Fritz Andreas Schubert (1913-1991) –

Erster Bibliothekar der Siegerland-Bücherei

Fritz-Andreas Schubert wurde am 24. Juli 1913 in Dortmund geboren. Sein Vater Johann Rudolf Schubert, Buchbinder, war mit Emma Schubert, geborene Janzen, verheiratet.

Der Vater kam an Lungentuberkulose erkrankt aus dem Ersten Weltkrieg zurück. Fritz wuchs mit seinem fünf Jahre jüngeren Bruder in einem Dortmunder Arbeiterviertel auf. Er besuchte die Volksschule und konnte trotz bestandener Aufnahmeprüfung die Oberschule nicht besuchen, da seine Eltern nicht das Schulgeld bezahlen konnten.

Nach Beendigung der Volksschule begann er mit vierzehn Jahren die vierjährige Lehre als Buchdrucker bei der Großdruckerei Crüwell in Dortmund.(1. April 1927 bis 31.März 1931).
1930 legte er seine Gehilfenprüfung mit „sehr gut“ ab

Mit Beginn der Ausbildung trat Schubert in die Buchdruckergewerkschaft ein und betätigte sich im Bildungsverband der Deutschen Buchdrucker. Ebenfalls mit vierzehn Jahren wurde er Mitglied der „Sozialistischen Arbeiterjugend“ SAJ in Dortmund Ost. In dieser Gruppe verbrachte er seine freie Zeit und die Wochenenden. Hier lernte er auch Hans Kreutzberger kennen, mit dem ihn sein ganzes Leben hindurch eine tiefe Freundschaft verband. Die kulturellen Angebote der SAJ (Vorträge, Gespräche, Literatur, Tanz und Gesang, Politik etc.) wurden eifrig wahrgenommen.

Am  ersten „europäischen und internationalen“ Vagabundentreffen Pfingsten 1929 in Stuttgart und auch am Vagabundentreffen 1932 in Hamburg hat Fritz Schubert teilgenommen. Er pflegte Freundschaften mit Malern und Schriftstellern aus der Arbeiter- und Vagabundenbewegung: Hans Tombrock, Gregor Gog, Hans Bönninghausen, Fritz Hüser, Paul Polte, Erich Grisar, Bernhard und Charlotte Temming, Hans Kreutzberger und viele andere.

1933 emigrierte er in die Schweiz. Dort wurde er finanziell unterstützt von der Buchdruckergewerkschaft. Nach einer kurzen Zeit der Arbeit als Buchdrucker (bei der Firma Crüwell) war Fritz bis zum Anfang 1936 arbeitslos. Zusätzlich verdiente er sich Geld mit dem Verkauf seiner Aquarelle. Er wandert durch das Land, zeitweise mit Hans Kreutzberger, aber da er weder eine Aufenthaltsgenehmigung noch eine Arbeit bekam, ging er Anfang 1936 zurück nach Deutschland. Er bekam Arbeit bei der Firma Crüwell.

1936 heiratete er Elsbeth geb. Braske. Während des Zweiten Weltkriegs bekamen die Eheleute zwei Kinder; das dritte Kind aus dieser Ehe wurde erst nach dem Kriege 1948 geboren.

Vom Februar bis Mai 1939 wurde er zum Wehrdienst eingezogen. Bis zum Beginn des 2. Weltkrieges Weiterbeschäftigung bei der Firma Crüwell.

Vom September 1939 bis zum Kriegsende war er mehrere Jahre Soldat in Rußland. Im Juli/August 1945 kehrte er aus der Kriegsgefangeneschaft zurück.

Ende 1945 wechselte er als Buchdrucker von Crüwell zur „Märkischen Druckerei“ August Pott in Witten. Dort arbeitete er bis 1947.

Am 11. Mai 1947 wurde Schubert vom Prüfungsausschuss für den Dienst an Volksbüchereien für die Ausbildung zugelassen. Durch ein Stipendium wurde es Fritz Schubert ermöglicht, von 1947 bis 1950 am Bibliothekar-Lehrinstitut des Landes NRW in Köln zu studieren. Seine praktische Ausbildung erhielt er an der Stadtbücherei Duisburg und der Stadt- und Landesbibliothek Dortmund. Er beendete das Studium mit der Note „gut“ und durfte fortan den Titel „Dipl. -Bibliothekar an Öffentlichen Büchereien tragen Seine achtzehn Seiten starke Hausarbeit trägt den Titel “Kulturkritik und Bildungsgedanke im Entwicklungsroman des 20. Jahrhunderts, dargelegt an Hermann Hesse: Demian, Martin Andersen-Nexö: Pelle, der Eroberer”.

In den Jahren 1946 bis 1948 widmete er sich außer seinem Beruf dem Studium der Malerei. Als Autodidakt enstanden viele Aquarelle: zunächst die Trümmerbilder von der zerstörten Stadt Dortmund; außerdem Landschaften, abstrakte Bilder und Industriebilder. Er war Mitglied der Künstlervereinigung „die grüne treppe“. An Gemeinschaftsausstellungen u.a. in Dortmund, Witten, im Ruhrgebiet, in Stuttgart und in Marburg wirkte Schubert mit.

Vom 24. Mai 1950 bis zum 30. Januar 1953 arbeitete Fritz Schubert als Bibliothekar an der Städtischen Volksbücherei Dortmund unter Fritz Hüser. Für den Ortsteil Dortmund -Dorstfeld baute er eine der ersten Freihandbüchereien der Dortmunder Büchereisystems auf.

Am 1. Februar 1953 nahm Schubert seine Tätigkeit bei den  „Stahlwerken Südwestfalen“ in Geisweid auf. Dort sollte der werkseigenen Freihandbibliothek mit dem Chrakter einer öffentlichen Bücherei aufgebaut werden. Mit einer Zweigstelle erfolgte der Ausbau auf einen Bestand von 10.000 Bänden. 1959 beauftragte der Vorstand Schubert mit dem Aufbau einer „Technischen Bibliothek und Dokumentationsabteilung“. Die Dokumentationsabteilung wertete die wichtigsten metallurgischen Zeitschriften des In- und Auslandes aus. Im selben Jahr beschrieb er sein Verständnis einer Werkbibibliothek. „Werksbücherei als Kulturinstitution“ lautete der Titel seines Artikels im vierten Heft der Zeitschrift „Siegen und das Siegerland im Bild“ (2/1959, S. 14-16).  In diese Zeit fiel die Krankheit und der Tod seiner Frau Elsbeth. Fritz Schubert ging eine zweite Ehe mit Ruth geb. Kröger ein. Aus dieser Ehe gingen fünf Kinder hervor, so daß die Eheleute Schubert insgesamt acht Kinder großzogen.
Anfang 1963 wurde er mit der Einrichtung einer Freihandbücherei für das Hagener Werk beauftragt. Außerdem wurde Schubert Beauftragter des Kulturwerkes der Stahlwerke.
Im Herbst 1963 schied man im Streit. Eine jahrelange Kontroverse mit dem Arbeitsdirektor der Stahlwerke Südwestfalen, Dr. Erich Dudziak, wurde vor dem Siegener Arbeitsgericht, ausgefochten. Ein juristisches Verfahren über das nicht nur die Lokalpresse, so z. B. Siegener Zeitung vom. 22. November 1963, ausführlich berichtete, sondern das es bis in das Nachrichtemagazin Spiegel schaffte!

Fritz Schubert stellte 1964 die Bibliothek als Kultureinrichtung in der Zeitschrift „SiegBild“ (Heft 3/4, 1964, S. 36 f.) vor.

In Geisweid wirkte er als Mitglied der Industriegewerkschaft Metall bei der Jugendarbeit mit.
1955 begann Schubert als sachkundiger Bürger in der ehemaligen Gemeindevertretung Klafeld seine kommunalpolitische Arbeit. Von 1956 bis 1964 war er SPD-Ratsmitglied dieser Gemeinde. Er gehörte u. a. folgenden Ausschüssen an: Haupt- und Finanzausschuß, Bauausschuß, Jugendausschuß und Schulverbandsversammlung. Mit besonderem Einsatz widmete er sich den anstehenden Schulbaumaßnahmen. Von 1961 bis 1964 wurde er in die ehemalige Amtsvertretung von Weidenau gewählt. Ab 1979 galt sein Engagement als sachkundiger Bürger im Rat der Stadt Siegen dem kulturellen Bereich.Als Mitglied des Bezirkausschusses Siegen-Weidenau setzte er sich  für die Belange der Bürgerinnen und Bürger dieses Stadtteils ein. 

Fritz Schubert war ein streitbarer Pazifist mit großer Lebenserfahrung. In der Gustav-Heinemann-Friedensgesellschaft bleiben seine Beiträge in den Veranstaltungen und sein offenes Eintreten gegen jede Form der Gewalt unvergessen.

Am 1. Juli 1965 übernahm Fritz Schubert die Siegerlandbücherei des Kreises Siegen und arbeitete dort bis zu seinem Ausscheiden am 31. Mai 1977. Zunächst wurde die bis dahin unzugängliche Wanderbücherei des Kreises Siegen in drei Räumen der Sparkasse in Weidenau untergebracht und zänglich gemacht. Danach galt es den Fach- und Sachbuchbestand systematisch aufzubauen. Es entstand eine Bücherei, die es auch wissenschaftlich Interessierten und Studierenden ermöglichte diese Bibliothek zu nutzen. Im Juni 1966 verschmolzen die Stadtbücherei Weidenau und die Kreisbücherei zur „Siegerland-Bibliothek“. Die Ausleihbetrieb dieser Bibliothtek startete am 10. Oktober 1966. 1968 war eine Leserzahl von 3.382 erreicht. Sie konnten 15.906 Bücher ausleihen.

Fritz-Andreas Schubert starb am 4.Januar 1991 in Siegen.

Quellen:

Fritz-Hüser-Institut in Dortmund.( Best. Schu-1): Kurzbiographie Fritz-Andreas Schubert, aufgeschrieben von Ruth Schubert für das Fritz-Hüser-Institut in Dortmund (Kopie, doppelt), 2 Bl. ohne Datum
Kreisarchiv Siegen-Wittgenstein: Personalakte Fritz Andreas Schubert
Irle, Lothar: Siegerländer Persönlichkeiten- und Geschlechterlexikon, Siegen 1974, S. 306
Siegerländer Heimatkalender 1992, S. 36
Der Spiegel 9/1963, S. 52 „Ärger mit Tucholski“
Kreis Siegen: Geschehen Geleistet Geplant. Verwaltungsbericht, 1964 – 1969, [Siegen 1969]

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