Filmsammlung Siegfried Vetter im Filmarchiv des LWL-Medienzentrums


Der 27. Oktober ist Welttag des Audiovisuellen Erbes, seit 2005 erinnert er an die „Empfehlung zum Schutz und zur Erhaltung bewegter Bilder“ der UNESCO. Audiovisuelle Medien können Geschichten vergangener Zeiten erzählen und liefern so einen wertvollen Beitrag zum Verständnis der Vergangenheit.

Eine besondere Filmsammlung im Archiv des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) stammt von Siegfried Vetter (1900-1972) aus Siegen-Eiserfeld. Vetter hat in den 1930er Jahren mit dem Filmen begonnen, aber im Gegensatz zu den meisten anderen Amateuren nicht mit einer 8 mm-Kamera, sondern mit einer 16 mm-Kamera gearbeitet. Diese Formatwahl erforderte einen deutlich höheren finanziellen Aufwand, brachte dafür aber auch eine wesentlich höhere Qualität ein. Über Jahrzehnte hinweg nahm der passionierte Filmer sowohl seine Familie wie auch seinen Heimatort ins Visier. Besonders wird die Sammlung, die über fünf Stunden Laufzeit umfasst, durch die Aufnahmen zum Reichsarbeitsdienst (RAD). „Sie dürfte in dieser Dichte als einzigartig gelten“, so Sebastian Kuhlmann, der sich im LWL-Medienzentrums in den letzten eineinhalb Jahren intensiv mit dem Bestand beschäftigt hat.

Vetter war selbst beim RAD tätig. Während der Weltwirtschaftskrise hatte der gelernte Techniker seine Anstellung bei der Stadt Hachenburg (Rheinland-Pfalz) verloren, worauf er 1931 die Leitung des Freiwilligen Arbeitsdienstes in Eiserfeld (Kreis Siegen-Wittgenstein) übernahm. Der Arbeitsdienst wurde nach der Machtübernahme der Nazis gleichgeschaltet und in Reichsarbeitsdienst umbenannt. Vetter wurde übernommen und zum Oberstfeldmeister befördert.

Acht Jahre lang hat er die Arbeitsdienstleistenden im Lager in Burbach-Würgendorf begleitet. Vetter legt in seinen Filmen den Fokus sowohl auf den Arbeitsalltag der Arbeitsmänner als auch auf besondere Situationen, darunter die Teilnahme an den Nürnberger Reichsparteitagen und der Einsatz des Reichsarbeitsdienstes hinter der Front verschiedener Kriegsschauplätze des Zweiten Weltkriegs. „Vetters Amateuraufnahmen ermöglichen nicht nur Blicke hinter die Kulissen dieser NS-Organisation, sondern zeigen auch die NSDAP-Reichsparteitage ganz anders, als wir dies aus den offiziellen Propagandaaufnahmen gewohnt sind“, so Kuhlmann.

Hintergrund
Seit 1986 sichert das Bild-, Film-, und Tonarchiv des LWL-Medienzentrums für Westfalen das audiovisuelle Erbe des Landesteils Westfalen-Lippe. Filmmaterialien aus öffentlichen und privaten Quellen finden ihren Weg in das Archiv, wenn diese Aufnahmen landeskundliche, wirtschaftliche oder sozialgeschichtliche Aspekte der Region veranschaulichen. Die Filme der Sammlungen lagern archivgerecht in Kühlräumen mit reduzierter Luftfeuchtigkeit und lassen sich über eine Onlinerecherche meist szenengenau recherchieren. Ausgewählte historische Schätze werden über den YouTube-Kanal „Westfalen im Film“ des LWL-Medienzentrums veröffentlicht und finden dort große Resonanz, oft weit über die Region hinaus.

Im kommenden Jahr veröffentlicht das LWL-Medienzentrum für Westfalen auf seinem YouTube-Kanal „Westfalen im Film“ eine Dokumentation über die Zeit des Nationalsozialismus im Spiegel westfälischer Amateurfilmer. Dafür hat Kuhlmann über 200 Amateuraufnahmen aus der Zeit von 1933 bis 1945 gesichtet, die sich im Filmarchiv des LWL-Medienzentrums befinden. Anhand ausgewählter Fragestellungen soll an Filmbeispielen verdeutlich werden, wie die NS-Zeit im Fokus von Amateurfilmern aufgenommen worden ist.

Im Zuge dessen hat Kuhlmann auch die Sammlung Siegfried Vetter näher beleuchtet und analysiert. „Sie liefert einen wichtigen Zugang zur Organisation des Reichsarbeitsdienstes, die heute weniger bekannt ist, aber von der NS-Propaganda als Zentral für die Bildung einer einheitlichen Volksgemeinschaft gesehen wurde“, so Kuhlmann.
Quelle: LWL, Pressemitteilung vom 26.10.2023

s. a. https://www.siwiarchiv.de/filme-zeitzeugen-auf-zelluloid/

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