Aus privatem Besitz hat das Stadtarchiv Siegen eine wahre Rarität erhalten: zwanzig Ausgaben der Illustrierten Wochenschau „Siegener Neue Zeitung“. Eine Illustrierte, die in Zeiten des bunten Journalismus von „Stern“, „Quick“ und „Bunte“ auch in die kleine Stadt unterm Krönchen einen Hauch Großstadtflair bringen sollte.
Am 1. Mai 1958 wagte der damals in Siegen lebende, freischaffende Journalist Ernst Wilhelm Mänken, der unter anderem für die Siegener Zeitung und den Westfalenspiegel kulturelle Berichte veröffentlicht hatte, den Versuch in Siegen eine illustrierte Wochenschau zu publizieren. Die Wochenschau, mit Verlagssitz in Siegen, sollte für 1,- DM am Kiosk für jedermann erhältlich sein. Inhaltlich befasste sie sich mit Mitteilungen aus der Region und kommenden Veranstaltungen, aber auch mit Nachrichten aus aller Welt, Wirtschaft und Sozialpolitik.
Für die Hausfrauen, die damaligen Hauptadressaten von illustrierten Zeitschriften, bot die „Siegener Neue Zeitung“ eine Reihe von speziellen Themenschwerpunkten an. In den Rubriken Feature, Mode, Stars und Filme, Welt der Frau, sowie Bauen und Wohnen fand die Hausfrau die neuesten Trends, Klatsch der High Society und Ratschläge für den Alltag. Eine Themenauswahl, die auch in den heutigen Illustrierten noch zu finden ist. Die „Siegener Neue Zeitung“ sollte jedoch nicht nur Informationen liefern, sondern den Leser zur Interaktion animieren. Denn die Wochenschau bot auffallend viel Platz für Leserbriefe, Kurzgeschichten und Kritiken, um auch den Leser zu Wort kommen zu lassen.Doch das Konzept schien keinen großen Anklang zu finden. Nach nur 5 Ausgaben ließen sich erste grundlegende Änderungen feststellen, die auf ein mangelndes Kaufinteresse hindeuten können: Der Preis der Zeitschrift wurde auf 50 Pfennig reduziert. Das inhaltliche Konzept ist ebenfalls überarbeitet worden, sodass lokale Themen, wie Nachrichten aus der Region, aber auch Leserbriefe und Kommentare in den Vordergrund gerückt wurden. Bilder und das Weltgeschehen hingegen eher in den Hintergrund. Als weitere Neuheit wird der Wochenblattroman eingeführt, ein möglicher Versuch die Leserschaft zum regelmäßigen Kauf zu animieren. Dem Anschein nach jedoch nur mit mäßigem Erfolg, denn nach nur 25 Ausgaben wurde die Zeitschrift am 17. Oktober 1958 eingestellt. Anzeichen für das baldige Ende der Zeitschrift lassen sich in der letzten Ausgabe jedoch nicht finden, hier wurde sogar noch auf eine Fortsetzung des Wocheninterviews im nächsten Heft verwiesen. Über die endgültigen Gründe für das Einstellen der Illustrierten ist nichts bekannt, sicher ist nur, dass nach dem Heft 25 keine weiteren Nummern nachgewiesen werden können.
Das Stadtarchiv Siegen verfügt derzeit über 20 der 25 Ausgaben der Wochenzeitung. Um eine komplette Sammlung der Illustrierten anbieten zu können, bittet das Stadtarchiv nun um Mithilfe bei der Auffindung der verbliebenen fünf Exemplare. Haushalte, die über die Ausgaben 6, 12, 21, 22 oder 23 verfügen, mögen sich bitte an das Stadtarchiv Siegen wenden.
Text: Mareike Pöpping
Praktikantin im Stadtarchiv Siegen
Die Westfälische Rundschau berichtete am 28.2.: http://www.derwesten.de/staedte/nachrichten-aus-siegen-kreuztal-netphen-hilchenbach-und-freudenberg/siegener-neue-zeitung-lesestoff-aus-der-nachkriegszeit-id9048649.html
Die Geschichte hinter der Siegener Neuen Zeitung und ihres Hauptschriftleiters Gärtner ist allerdings noch spannender, vor allem, da der stellvertretende Landrat als Investor fungierte… .
Klingt interessant! Kommt da noch mehr? Wir würden uns hier freuen.