Reblog vom Hessischen Landesarchiv, Geschichte Live
Fürst Wilhelm Hyacinth von Nassau-Siegen (1666–1743) war ein ganz besonderer Charakter. In der Forschung wurde er gar als Don Quichotte-Figur bezeichnet.
Als Regent des kleinen Fürstentums Nassau-Siegen hatte er sich diskreditiert. Nachdem er in seinem Territorium den Hammerschmied Friedrich Flender 1707 ohne Gerichtsverhandlung hatte enthaupten lassen, ließ Kaiser Joseph I. eine Zwangsverwaltung über Nassau-Siegen einsetzen. Die Folge davon war eine größere publizistische Kampagne im Reich. Seine Versuche, Orange und Vianden zu annektieren, scheiterten, weil seine Ansprüche auf das oranische Erbe von niemandem ernst genommen wurden. Aber auch das nutzte er zu publizistischen Rundumschlägen – ebenso wie seine Auseinandersetzungen mit seiner Stiefmutter und seinen Halbgeschwistern um das Erbe. Der erfolglose Wilhelm Hyacinth entwich schließlich nach Spanien, während das Fürstentum von den anderen Nassauern mitverwaltet wurde. Erst 1739 kehrte er von dort zurück. Seine dritte Ehe, die er mit 74 Jahren mit der siebzehnjährigen Maria Eva Sophia von Starhemberg schloss, brachte nicht mehr den gewünschten Erben hervor. Wilhelm Hyacinth verstarb als letzter katholischer Vertreter der ottonischen Linie des Hauses Nassau 1743 in Hadamar, nachdem bereits 1742 die Besitzübertragung der Länder auf Nassau-Diez geregelt worden war.
Wer mit solch hochfahrenden Plänen sein Leben führt und umfangreiche publizistische Kampagnen anstößt, der hinterlässt fast unweigerlich einen umfangreichen schriftlichen Nachlass voller Ego-Dokumente und publizistischer Darlegungen der eigenen Ansprüche und Vorstellungen. Als besonderes Kuriosum müssen allerdings zwölf Spielkarten gelten, die in einem mit „Regance“ bezeichneten Umschlag überliefert sind (HHStAW Abt. 171 Nr. Z 3544). Sie stammen der Aufschrift zufolge aus dem Jahr 1721 und dienten dem Prinzen als Notizzettel. Die Rückseiten sind komplett mit der fürstlichen Handschrift übersäht. In diesen zumeist unvollständigen Notizen geht es um Erbrechtsansprüche und testamentarische Verfügungen, um den öffentlichen Frieden und die Ehre eines Reichsfürsten. Denn schließlich, so hielt Wilhelm Hyacinth fest, trieben ihn das Recht, die Wahrheit und die Ehre an, die mit den Flüchen, die ihn zerstörten, keine Gemeinsamkeit haben durften.
Rouven Pons, Hessisches Landesarchiv – Präsidialbüro
Pingback: Wilhelm Hyazinth von Nassau-Siegen – Zeugenverhör aus dem Hessischen Hauptstaatsarchiv Wiesbaden | siwiarchiv.de