Interview mit Dr. Holger Mertens, Chefdenkmalpfleger des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL). NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach hat Anfang März ihre Pläne für ein neues Denkmalschutzgesetz vorgestellt. Der Landeskonservator für Westfalen-Lippe sieht Teile des Gesetzentwurfes kritisch.
Wie finden Sie den Vorschlag für das neue NRW-Denkmalschutzgesetz?
Mertens: Einige Probleme, die es gibt, werden nicht gelöst, und ein Problem, das es nicht gibt, wird mit dem Vorschlag scheinbar gelöst – das ist mein Fazit.
Dass zum Beispiel die Denkmalpflegeämter bei den beiden Landschaftsverbänden übermächtig seien, ist ein Gerücht, das durch Wiederholung nicht besser wird. Um das einzuordnen: Nur gerade mal eineinhalb Prozent aller Gebäude in NRW sind Denkmäler. Dass die LWL-Denkmalpflege ein Gebäude anders bewertet als die Denkmalämter in den Städten und Kreisen und es zur Entscheidung im Ministerium kommen muss, diese Fälle liegen im Promille-Bereich. Die Zusammenarbeit mit den Kommunen ist gut: In einer umfassenden Untersuchung durch das Ministerium stellten die Befragten der Denkmalpflege bei den Landschaftsverbänden ein gutes Zeugnis aus. Und übrigens sehen wir ebenso im bundesdeutschen Vergleich gut aus.
Ist denn nicht die Denkmalpflegerin die natürliche Feindin des Bürgermeisters, der ein marodes Gebäude im Stadtzentrum abreißen will, woran ihn der Denkmalschutz hindert?
Mertens: Nein, denn unsere Rolle ist die von Fachleuten und von Beratenden: Was kann man tun, um Pläne für Neues zu verwirklichen und gleichzeitig Denkmalwürdiges zu schützen? Wir können beraten, wie man das macht und wo es Zuschüsse und wofür es Steuererleichterungen gibt. Wir arbeiten in der ganz überwiegenden Zahl der Fälle so lange an Lösungen, bis alle nicken können.
Verstehen Sie, was das Ministerium mit dem neuen Gesetz will?
Mertens: Ich ahne, dass es die Denkmalbehörden in den Kreisen und Städten stärken und den Eigentümern etwas Gutes tun soll. Die bessere Förderung von Denkmälern in NRW ist so etwas Gutes, oder die Gründung eines Landesdenkmalrates. Aber wenn das Gesetz so kommt, ist es in Teilen kontraproduktiv. Ohne genug Fachwissen gibt es zum Beispiel keine guten Anträge auf Förderung. Ohne eine LWL-Denkmalpflege mit klarem Auftrag und Blick auf ganz Westfalen-Lippe keine einheitlichen Regelungen, sondern von Kommune zu Kommune unterschiedlichen Denkmalschutz.
Kein klarer Auftrag für die Landschaftsverbände – wie kommen Sie darauf?
Mertens: Nehmen Sie den Vorschlag, das sogenannte Benehmen mit den Denkmalpflegeämtern der Landschaftsverbände in eine Anhörung umzuwandeln. Hört sich erst mal gut an, bedeutet aber, dass unsere Stellungnahme zu einem Denkmal letztlich irrelevant würde und damit das Wohl des Denkmals, für das wir stehen, ein deutlich geringeres Gewicht hätte.
Was wollen Sie?
Mertens: Wir finden, dass neben den berechtigten Interessen der Wirtschaft und Stadtentwicklung und des Umweltschutzes auch die Denkmäler eine Stimme brauchen – nicht als Solisten, aber auch nicht als bloße Notenständer, sondern als eigener Teil des Orchesters. Wir befürchten, dass es sonst nicht schneller, sondern schlechter wird im Denkmalschutz. Wir würden den guten Stand der Denkmalpflege in NRW verspielen.
Quelle: LWL, Pressemitteilung, 11.3.2021
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