Biografische Skizze eines Heimat- und Familienforschers.[1] Oder: Warum ehrt(e) die Lothar-Irle-Straße in Siegen einen „bekennenden Antisemiten“[2]?
„ …. und dort feiert man seinen Nachbarn mit einem großen Denkmal, weil dessen Schandtaten verborgen blieben. ….“[3]
„Die Persönlichkeit Irles ist heute wegen seiner Nähe zum nationalsozialistischen Gedankengut nicht unumstritten.“[4] Oder hat dieses Thema nicht einen „fürchterlich langen Bart“? Dieser Eindruck drängt sich auf, wenn man einen Blick in die Publikationen der regionalen Zeitgeschichte wirft[5]. Der Tenor dieser fundierten Publikationen lässt keine Kontroverse erkennen, vielmehr betonen alle Autoren die besondere Nähe Irles zur nationalsozialistischen Ideologie. Die „Schandtaten“ blieben also nicht verborgen.
Warum sollte man sich dann noch einmal mit dem Leben und der „Memoria“[6] Irles auseinandersetzen? Nicht nur der allzu unbedarfte Umgang[7] mit Lothar Irle in den 2010er Jahren oder die seit 1975 immer noch bestehende Lothar-Irle-Straße[8] im Siegener Stadtteil Kaan-Marienborn, sondern auch das Fehlen einer den gesamten Lebenslauf Irles in den Blick nehmenden Biographie lassen es geboten erscheinen, dies hier zu tun.
Die Quellenlage für die Erarbeitung dieser Skizze ist problematisch. Eine zu erwartende Personalakte befindet sich nicht im einschlägigen Bestand des Landesarchivs NRW, Abt. Westfalen. Ihre Spur verliert sich in der Behördenkorrespondenz zur Berechnung des Besoldungsdienstalters von Dr. Lothar Irle.[9] Die Stadt- und Landesbibliothek Dortmund besitzt lediglich ein Widmungsschreiben Irles vom 29. September 1939.[10] Der persönliche Nachlass Irles ist vernichtet.[11] Die schon erwähnten Arbeiten über Irle fußten vor allem auf dessen Entnazifizierungsakten.[12] Die Skizze bezieht Archivalien des Berliner Bundesarchivs[13], Duisburger Landesarchivs[14], des Universitätsarchivs der Goethe-Universität Frankfurt/Main[15] und des Kreisarchivs Siegen-Wittgenstein[16] ein.
In sechs Abschnitten (Familie, Schule/Studium, Politik, Lehrer und Dozent für Lehrerbildung, Zweiter Weltkrieg, Nachkriegszeit) wird der Lebensweg Irles nachgezeichnet. Ein Fazit soll die noch zu erforschenden Fragen formulieren. Die abschließenden Quellen- und Literaturhinweise dienen ebenso wie die als Anhang beigefügte Zusammenstellung von Auszügen aus Publikationen Lothar Irles dem Einstieg in diese Recherchen. Weiterlesen →