„Die Granaten flogen höllisch.“

Die Briefe des Siegener Soldaten Louis Ernst aus dem Krieg 1866 gibt es jetzt als Buch.

Buchvorstellung durch Armin Nassauer, den Siegener Stadtarchivar Ludwig Burwitz und den Historiker Olaf Wagener (von links nach rechts) in den Räumen des Antiquariates.

Buchvorstellung durch Armin Nassauer, den Siegener Stadtarchivar Ludwig Burwitz und den Historiker Olaf Wagener (von links nach rechts) in den Räumen des Antiquariates.

Mai 1866: der 26jährige Ingenieur Louis Ernst wird Hals über Kopf in die preußische Armee einberufen. Ein überfüllter Truppentransport verfrachtet ihn nach Böhmen, wo nach einigen Tagen bangen Wartens der Krieg gegen Österreich beginnt. Endlose Märsche in der Sommerhitze, provisorische Unterkünfte in „total ausgefressenen“ Dörfern, schließlich die Schlacht bei Königgrätz. Etwa jeden zweiten Tag schreibt Louis Ernst seinen Eltern in Siegen, die angstvoll auf jedes Lebenszeichen warten, einen Brief, sogar noch aus der Schlacht bei Skalitz ein paar hastig hingekritzelte Zeilen: „Die Granaten flogen höllisch.“ Louis Ernst erlebt zunächst die Schrecken des Krieges, Tote, Verstümmelte – „entsetzlich! entsetzlich!“ – und dann, nach dem Sieg über Österreich, die Annehmlichkeiten als Besatzungssoldat: bessere Unterbringungen, Paraden, Ausflüge nach Prag, Brünn und Breslau. Nach 4 Monaten kommt Louis Ernst im September 1866 endlich wieder heil und gesund nach Siegen zurück. Die über 50 Briefe, von seinen Eltern sorgfältig verwahrt, lässt er zusammen mit Quittungen und anderen Dokumenten zu einem Buch binden, einer Art individueller Chronik des 1866er Krieges. Weiterlesen

Volkskundliche Kommission für Westfalen sucht Hausgeschichten

An den Bau eines Hauses knüpfen sich viele Er-innerungen und Erlebnisse, die für die Nachwelt festgehalten werden sollen, wir hier beim Hausbau um 1960 in Münster-Nienberge. Foto: LWL/Adolf Risse

An den Bau eines Hauses knüpfen sich viele Er-innerungen und Erlebnisse, die für die Nachwelt festgehalten werden sollen, wir hier beim Hausbau um 1960 in Münster-Nienberge.
Foto: LWL/Adolf Risse

Geschichten über Häuser sucht die Volkskundliche Kommission für Westfalen beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) für ihr Projekt „Hausgeschichten“. Ein Haus zu bauen, zu kaufen, bewohnbar zu machen oder wieder abzugeben ist ein einschneidendes Erlebnis, das man nicht vergisst. Dementsprechend kursieren Hausgeschichten in vielen Familien. Sie erzählen von geglückten oder miss-glückten Grundstückskäufen, von enormen Eigenleistungen, von den vielen kleinen Desastern auf einer Baustelle, aber auch vom unverkäuflichen Elternhaus, das einmal als Alterssicherung dienen sollte.

„Hausgeschichten handeln von erfüllten oder unerfüllten Träumen, von Erwartungen und Hoffnungen und von vielerlei Glück und Unglück“, weiß Christiane Cantauw, Geschäftsführerin der Volkskundlichen Kommission. „Wir wollen solche Geschichten sammeln, weil wir der Bedeutung von Häusern über die Erlebnisse und Erfahrungen der Menschen, die darin wohnen, nachgehen möchten“, so die LWL-Volkskundlerin weiter. Weiterlesen

Zeitzeugen zur jüngeren LYZ-Geschichte gesucht

Im November besteht das Kulturhaus Lyz 20 Jahre.

lyzlogoHervorgegangen aus den Aktivitäten des Kreis-Kulturbüros seit 1990, entwickelte sich das ehemalige Lyzeum in der Siegener St.-Johann-Straße, das bis dahin Gymnasium war und dann zum Technologiezentrum wurde, zum heutigen Lyz.

Im November soll deshalb zur jüngeren Geschichte des Lyz ein Buch erscheinen, das auch eine wichtige Phase in der Entwicklung der Schule und der Schulpolitik des Landes beleuchtet: Im Auftrag des Kulturreferats des Kreises Siegen-Wittgenstein recherchiert die heute in München lebende Autorin Cornelia Sauer zum Thema „Schulstreik am Mädchengymnasium 1969“. Sauer hat das Ereignis selbst im Alter von 13 Jahren erlebt und freut sich darauf, Erinnerungen an die Zeit des Aufbruchs aufleben zu lassen und aus heutiger Perspektive zu erzählen.
Weitere Zeitzeugen werden gebeten, Kontakt mit Cornelia Sauer aufzunehmen. Die E-Mail-Adresse lautet cornelia.sauer@dialogtext.de.
Quelle: Siegener Zeitung, 26.4.2016

s. LYZ-Chronik auf siwiarchiv

LWL veröffentlicht Buch zu „Inklusion und Exklusion“

Gesellschaftliche Teilhabe und Ausgrenzung im 19. und 20. Jahrhundert

WF6516

Das Internationale Kriegs-Opfer-Bulletin – hier eine Ausgabe aus dem Jahr 1930 – steht mit seinen Grafiken und Fotos, die Schlachtfelder mit toten Soldaten, Kriegsverletzte und Gefangene mit abgemagerten und entstellten Körpern zeigen, in starkem Kontrast zu anderen Bildern, die die Integration der Kriegsversehrten zu zeigen versuchten. Foto: LWL

Die verschiedenen Entwicklungen, Phänomene sowie Praktiken von Teilhabe und Nicht-Teilhabe in den vergangenen 200 Jahren sind das Schwerpunktthema im Band 65 der Westfälischen Forschungen, der jährlich erscheinenden Zeitschrift des LWL-Instituts für westfälische Regionalgeschichte. Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) versteht sich als „Motor der Inklusion“, um gleichwertige und selbstbestimmte Lebensverhältnisse von Menschen mit und ohne Behinderung zu ermöglichen. Das heutige Verständnis von Inklusion als sozial-, bildungs- und kulturpolitische Programmatik ist eine junge Definition. Erst seit den 1990er Jahren dient das Begriffspaar „Inklusion/Exklusion“ zur kritischen Selbstbeschreibung westlicher Gesellschaften.

  • Die Autoren der elf Beiträge thematisieren unter Kategorien wie kultureller Identität, Nationalität, Klasse, Schicht, (Nicht-)Behinderung, chronische Krankheit und sexuelle Orientierung, was im jeweiligen historischen Kontext zum Beispiel von staatlicher und kirchlicher Seite als „normal“ angesehen wurde und was nicht. Fallstudien – unter anderem zum Umgang mit Armut auf dem Land, über den Strafvollzug in der Weimarer Republik, zur Heimerziehung und zu den Auswirkungen der Psychiatriereform in Westfalen – veranschaulichen Inklusions- und Exklusionsprozesse in der Geschichte. Sie vermitteln zudem neue Einsichten zum gesellschaftlichen Umgang mit menschlicher Verschiedenheit. „Das Begriffspaar In- und Exklusion hilft, sich darüber klar zu werden, dass niemand nur ‚anders‘ beziehungsweise nur ‚ausgegrenzt‘ ist“, sagt Dr. Elsbeth Bösl, Herausgeberin des Themenschwerpunktes der Westfälischen Forschungen 2015. Die Verfasser der Beiträge haben an Beispielen des 19. und 20. Jahrhunderts eine Vielzahl von Ein- und Ausschlüssen mit Widersprüchen, Uneindeutigkeiten und Ungleichzeitigkeiten zutage gefördert.“ Während etwa linke Kriegsopferverbände die Bilder von Verstümmelungen als politisches Druckmittel einsetzten, betonten andere die Chancen einer (begrenzten) Integration – je nach politischer Zielsetzung wurden also unterschiedliche Stufen der Inklusion und Exklusion angedeutet. Weiterlesen

„In Syrien verlieren alle Menschen alles“

„Die wären vielleicht verschleppt und vergewaltigt worden.“ – „Sie verliert ja Jahre in ihrer Ausbildung.“

Foto von links: Lehrer Noah Wolke, Haidy Al Sherfawi, Sandy Al Sherfawi, Lehrerin Dyana Khalilullah

Foto von links: Lehrer Noah Wolke, Haidy Al Sherfawi, Sandy Al Sherfawi, Lehrerin Dyana Khalilullah

So äußerten sich, noch beeindruckt von dem Gehörten, Schülerinnen und Schüler aus der 10. Klasse der Clara-Schumann-Gesamtschule nach einem Gespräch mit zwei syrischen Mädchen, die nach ihrer Flucht aus Syrien neu an dieser Schule angekommen sind. „Die Bomben fielen auf das Nachbarhaus. In Syrien verlieren derzeit alle Menschen alles,“ schilderte Haidy Al Sherfawi die Situation im Bürgerkriegsland, die der Familie schließlich keine Wahl mehr ließ. Weiterlesen

Oral-History/Fotoprojekt in Burbach

Förderprojekt der regionalen Kulturpolitik. Kooperationspartner gesucht.

Ein „Gruß aus Burbach“: Die historische Postkarte zeigt noch heute bekannte Motive aus der Gemeinde und ist ein Schätzchen aus dem Fundus des Archivs.

Ein „Gruß aus Burbach“: Die historische Postkarte zeigt noch heute bekannte Motive aus der Gemeinde und ist ein Schätzchen aus dem Fundus des Archivs.

Früher war alles besser! So mancher hat diesen Satz schon verwendet. Doch war es das wirklich. Schon seit einiger Zeit blicken das Burbacher Kulturbüro, die Senioren-Service-Stelle und das Gemeindearchiv regelmäßig in die Vergangenheit. Durch die Reihe „Burbach in den 40er, 50er und 60er Jahren“ wird das Heimhof-Theater quasi zum lebendigen Fotoalbum. Immer im ersten Quartal eines Jahres werden Fotografien aus der Vergangenheit auf die Leinwand projiziert und lassen so Erinnerungen wach werden: Der gemeinsame Fußweg zur Schule, die Heuernte, an Dampfloks auf der Hellertalbahn oder Ausflüge in das Buchhellertal. Viele Geschichten leben wieder auf beim Betrachten der Fotos. Weiterlesen

Literaturhinweis: Ulrich Slawinski „Weit war der Weg zurück ins Heimatland“

slawinski
„Weit war der Weg zurück ins Heimatland“, das ist der Titel, den Ulrich Wilhelm Slawinski seinem Buch gegeben hat. Es ist im vergangenen Dezember in einer ersten Auflage erschienen und bereits vergriffen. Der 92-jährige Geisweider hat dem jahrelangen Drängen von Verwandten, Freunden und Bekannten nachgegeben und seine Erlebnisse als Soldat und Kriegsgefangener in Russland/Sibirien aufgeschrieben. Weiterlesen

„Zukunft durch Erinnerung“

Ein Zeitzeugenprojekt mit Zvi Cohen

„Die Begegnungen mit Zvi Cohen haben mich sehr beeindruckt. Er berichtet davon, wie er als kleiner Junge in Berlin die Nazizeit erlebt hat, was um ihn herum passierte, wie sein Leben nach und nach eingeschränkt wurde, woran er nicht mehr teilnehmen konnte“, sagt Clara Rösen vom Kreisjugendring Siegen-Wittgenstein.

„Die Begegnungen mit Zvi Cohen haben mich sehr beeindruckt. Er berichtet davon, wie er als kleiner Junge in Berlin die Nazizeit erlebt hat, was um ihn herum passierte, wie sein Leben nach und nach eingeschränkt wurde, woran er nicht mehr teilnehmen konnte“, sagt Clara Rösen vom Kreisjugendring Siegen-Wittgenstein. Weiterlesen

Bewegende Einblicke einer Zeitzeugin des Dritten Reiches

Alisa Tennenbaum berichtet Realschülern und Auszubildenden

Ausdrucksstark und eloquent – die jüdische Zeitzeugin Alisa Tennenbaum berichtete den jugendlichen Zuhörern im Kulturhaus Lÿz aus ihrem Leben.

Ausdrucksstark und eloquent – die jüdische Zeitzeugin Alisa Tennenbaum berichtete den jugendlichen Zuhörern im Kulturhaus Lÿz aus ihrem Leben.

„Jeder Mensch hat Gefühle. Wir sind alle gleich“, unterstrich Alisa Tennenbaum am Ende ihres emotionalen Vortrags im Kulturhaus Lÿz in Siegen. Die jüdische Zeitzeugin und Überlebende der Nazi-Barbarei des Dritten Reiches berichtete einer Gruppe von Jugendlichen aus ihrem bewegten und bewegenden Leben. Insgesamt rund 75 Siebtklässler der Realschule Wilnsdorf und zwölf Auszubildende der Kreisverwaltung Siegen-Wittgenstein waren mit dabei. Der Kreisverband des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge hatte zu diesem Studientag eingeladen. Weiterlesen

DVD „Heimatabend Siegen“erschienen

In der erfolgreichen WDR-DokumentationHeimatabendSiegen Heimatabend Siegen erzählen die Siegener selbst die Geschichte ihrer Stadt – eine Stadt, die Vorurteilen stoisch trotzt und umso mehr Überraschungen zu bieten hat. Dabei war ihr Los oft hart. 1944 trafen die Bombardements der Briten die Stadt besonders schwer, doch der Wiederaufbau ging schnell voran.

Ein Angriff ganz anderer Art hat die Stadt ähnlich erschüttert. Es waren Worte, die 1996 Siegen völlig unvorbereitet trafen. Hanjo Seißler konfrontierte in seinem Artikel „Was ist schlimmer als verlieren? Siegen!“ im Magazin der Süddeutschen Zeitung die Stadt seiner Kinderferien mit ihren dunklen Seiten. „Heimatabend Siegen“ – eine Dokumentation mit zum Teil noch unveröffentlichtem Archivmaterial und Amateuraufnahmen.
Mono / 58 Minuten / 16:9 / PAL / DVD / 25,00 Euro

Hier erhältlich: Regionaler Buchhandel, Tel.: 0271-6819606  oder per E-Mail: bestellung@siwi-filme.de