Wilfried Lerchstein: Vom Jugendzentrum Siegen, dem ungeliebten Kind der Kommunalpolitik


Wie auch andere soziale Bewegungen der 1970er Jahre hatten die Jugendzentrums (JZ)-Initiativen ihre Wurzeln in der Achtundsechziger-Studentenrevolte. Die JZ-Bewegung war ein Phänomen, das sich überwiegend in Klein- und Mittelstädten abspielte und das linksalternative Milieu in die westdeutsche „Provinz“ brachte. In der ARD wurden zwischen 1971 und 1974 die Fernsehsendungen „Jour fix“ und „Diskuss“ ausgestrahlt, die intensiv über JZ-Initiativen berichteten. Die Sendungen hatten einen deutlich politischen Anspruch. Ihre Macher betrieben Lobbyarbeit für die Bewegung und trugen dazu bei, dass die vielen lokalen Initiativen überhaupt als Teil einer Bewegung wahrgenommen wurden.
Schon seit 1969 hatten sich Jugendverbände in Siegen für die Errichtung eines JZ ausgesprochen, ohne dass es hierfür danach Fortschritte durch konkrete Maßnahmen gab. Eine fast nur aus Studenten bestehende Initiativgruppe Austraße 13, die sich in Siegen für die offene Jugendarbeit einsetzte, besetzte schließlich am 25. Oktober 1972 hinter dem Siegener Hauptbahnhof ein leerstehendes Haus. Dieses war wegen des geplanten Baus der Hüttentalstraße zum Abriss vorgesehen. Als Verein Jugendzentrum Siegen e.V. errichteten die Hausbesetzer darin mit einer Eröffnungsfete in der zugehörigen Lagerhalle am 11. November 1972 ein selbstverwaltetes JZ mit basisdemokratischen Strukturen. Unter Polizeischutz veranlasste aber bereits am 12. Dezember 1972 das Straßenneubauamt für den Landschaftsverband Westfalen-Lippe als Eigentümer des Gebäudekomplexes in der Austraße dessen Abriss. Am 2. Juli 1974 wurden übrigens die beiden von der Staatsanwaltschaft als „Rädelsführer“ aus den seinerzeit fast 120 Hausbesetzern herausgepickten und erstinstanzlich noch freigesprochenen Studenten in der Berufungsverhandlung vor der 11. Strafkammer des Landgerichts Siegen wegen Hausfriedensbruch zu jeweils 80 DM Geldstrafe verurteilt. Weiterlesen

30 Jahre Studio für Neue Musik der Universität Siegen

Ein Interview mit Prof. Martin Herchenröder über 30 Jahre Studio für Neue Musik der Universität Siegen.

Studio für neue Musik 1995


Das Studio für Neue Musik der Universität Siegen feiert Jubiläum. Es begann mit 63 Zuhörerinnen und Zuhörern, die im Februar 1995, zum ersten Konzert kamen. Es waren ungewohnte Töne, die damals im Seminarraum Musik erklangen und dennoch auf offene Ohren trafen. Prof. Martin Herchenröder hatte ein Publikum für die Neue Musik gewonnen, das der Veranstaltungsreihe zu einer Erfolgsgeschichte verhalf.

„Wenn Sie an den Anfang der Reihe zurückdenken: Gab es damals in Siegen ein Interesse an Neuer Musik?

Ich bin zum ersten Mal in den 1980er Jahren als Musikstudent in Siegen gewesen, um drei Konzerte zu spielen. Wir waren damals eine No-Name-Gruppe und haben tolle, aber auch verrückte Sachen gemacht. Die Kritiken waren glänzend, aber es saßen trotzdem nur zehn oder zwölf Leute da. Als ich dann 1994 als Professor an die Uni Siegen kam und Budget für Konzerte der Neuen Musik bekam, habe ich gedacht: Mal schauen, was möglich ist. Aber beim ersten Konzert kamen dann viel mehr Leute, als ich erwartet hatte. Es war klar: Es gibt hier Publikum für die Neue Musik. Es lohnt sich, gute, internationale Ensembles nach Siegen zu holen.

Welche Konzerte sind Ihnen besonders in Erinnerung?

Ich erinnere mich an den Auftritt der Amadinda Percussion Group in der Nikolaikirche. Die kamen mit einem ganzen Laster voller Schlagzeuge an. Das war sensationell und die Nikolaikirche brechend voll. Wir haben mehrmals Markus Stockhausen hier gehabt mit seinem Ensemble.Es gab Festivals, zu denen reisten Menschen aus London an. Oder im vergangenen Jahr die „Spiegelungen“ im Löhrtorbad, da standen die Leute Schlange, um reinzukommen. Es kann aber natürlich auch mal passieren, dass nur 20 Zuhörer da sind. Es gibt ein Stammpublikum mit unterschiedlichen Vorlieben. Manche mögen lieber Orgelkonzerte, andere kommen, wenn Vokales auf dem Programm steht. Die, die das Studio für Neue Musik kennen, wissen: Es ist immer interessant und es ist immer Top-Qualität.

Was für ein Publikum lockt die Neue Musik? Weiterlesen

Linktipp: „zeitspuren:stories“ Episode 03 „Jung-Stilling und Vincke“ auf instagram


Episode 03 „Jung-Stilling und Vincke“ begleitet den bei Jung-Stilling in Marburg studierenden Ludwig Vincke (1774-1844) auf seiner ersten Wanderung über den Rothaarkamm durch Wittgenstein und ins Siegerland.

Als späterer Oberpräsident der Provinz Westfalen sollte Vincke die 1816 und 1817 gebildeten preußischen Kreise Siegen und Wittgenstein noch viele Male besuchen, zahlreiche Kontakte und Freundschaften knüpfen und für die Entwicklung der beiden Kreise eine bedeutende Rolle spielen.

Das Jugend-Porträt Vinckes ist abgebildet in dem Buch Behr, Hans-Joachim/Kloosterhuis, Jürgen (Hg.), Ludwig Freiherr Vincke. Ein westfälisches Profil zwischen Reform und Restauration in Preußen, Münster 1994.

Die Tagebücher Vinckes findet ihr im LAV NRW W in Münster (V 105/Nachlass Vincke), hier besonders: Nr. 4, Tagebuch 11.8.1793 – 17.2.1794 [Bericht über die Wanderuhng durch das Wittgensteiner Land v. 30. September 1793], Link zum Tagebuch.

Die Karten der Preußischen Rheinaufnahme (1818-1819) werden aufbewahrt in der Staatsbibliothek zu Berlin, Kartenabteilung. [s. bspw. https://www.zeitspuren-siwi-2.de/086-087.html]“

Der Hickengrund in der NS-Zeit mit Prof. K. W. Dahm

Heute, 19:30 – 21:00, Gemeindehaus Holzhausen, Kapellenweg 13 , 57299 Burbach-Holzhausen

Karl Wilhelm Dahm wurde als Sohn des Pfarrers Wilhelm Dahm in Niederdresselndorf bei Burbach im südlichsten Zipfel Westfalens geboren. Dort wuchs er  in einem gegenüber dem Nationalsozialismus engagiert widerständigen Pfarrhaus der Bekennenden Kirche bis zum Beginn des Studiums auf.

2 Videos zur Geschichte der Trupbacher Heide in Siegen

„Anfang der 1990er-Jahre endete die Nutzung der Trupbacher Höhe durch die Belgier. Was tun mit dem Areal? Die Meinungen von Lokalpolitik, Stadt und Kreis auf der einen Seite sowie vielen Anrainern und Naturschützern auf der anderen Seite gingen diametral auseinander. Zeitzeuge Ulrich Lorenz schildert den Kampf gegen die Ansiedlung von Gewerbe und für den Naturschutz und den Erhalt als Naherholungsgebiet.

Der frühere Vorsitzende der Bürgerinitiative Trupbacher Heide erinnert aus seiner Sicht an den jahrelangen Prozess, der in der Unterschutzstellung mündete, an ganz verschiedene Aktionen der Öffentlichkeitsarbeit, der politischen Einflussnahme und der Pflege dieser besonderen Landschaft. Heute ist die Heidelandschaft ein Naturschutzgebiet und beliebtes Wanderziel.

In einem zweiten kurzen Film erinnert Ulrich Lorenz an die Geschichte des Truppenübungsplatzes von den 1930er- bis in die 1990er-Jahre.“
Quelle: Unser Siegen, 12.4.2024
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Die Leitung in die Welt: Arbeiten im Telegrafenamt

Friedel Butenhoff, 89, erinnert sich auf Unser Siegen an ihre Arbeit im alten Telegrafenamt. Die Zeitzeugin vermittelte unzählige Ferngespräche aus Siegen rund um die Welt. Die gebürtige Badenerin erzählt, wie sie der Liebe wegen nach Siegen kam, hier gleich Arbeit fand, wie ihre Arbeit „auf Platz 3 im Fernamt“ aussah und wie ihr Arbeitsplatz sich entwickelt hat, als dann der „Selbstwählferndienst“ eingeführt wurde.

Weitere Informationen zur Geschichte des Telegraphenamtes finden sich in folgender regionaler Literatur:
– Siegerländer Heimatkalender 1926, 80-82
– Großes Postereignis in Siegen am 20.06.1894. Reichs-Post- und Telegraphengebäude am Unteren Schloß
eröffnet,Unser HeimatLand, 1969, S. 64 – 65;
– Bau der Reichspost begeisterte Bürgerschaft. Vor 100 Jahren neben dem Unteren Schloß feierlich
eröffnet. Bereits drei Jahrzehnte später zu klein, Unser HeimatLand, 1994, S. 106 – 107;
– Unser HeimatLand, 2001, S. 65 – 66
– Postgeschichtliche Blätter 1974, S. 1 – 23

Turnen im Siegener Mädchengymnasium in den 1970er Jahren


Nach einem Besuch der ehemaligen Schülerin Anne Henry im Siegener LYZ stellte sie dankenswertweise vier Fotografien einer Turnstunde im Siegener Mädchengymnasium Anfang der 1970er Jahre zur Verfügung.

Video: „50er- und 60er-Jahre – Kindheit und Jugend in Bürbach und Siegen“


„Dieter Tröps, Jahrgang 1951, blickt auf seine Kindheit und Jugend in Bürbach und Siegen zurück. Der erste Sprössling in der Neubausiedlung für Postbeamte am Bürbacher Weg wuchs in einer aus heutiger Sicht bescheidenen, für damalige Verhältnisse aber besonderen Wohnung auf. Familie Tröps war sicher nicht die einzige, die stolz auf fließendes und warmes Wasser und eine Badewanne war. Der Zeitzeuge erinnert sich an Kindergarten und Jungengymnasium und an das damalige Landleben im heute städtischen Bürbach. Er erzählt, warum er sich zunächst für die Lehre statt fürs Abitur entschied, das er später am Siegerlandkolleg nachholte, und wie er sich ein Stück Freiheit und Unabhängigkeit erarbeitete.“

Lieben, sterben, überleben – Das Schicksal eines Zwangsarbeiterkindes in Siegen

Zeitzeugenbericht im Aktiven Museum Südwestfalen


„Im Rahmen der Sonderausstellung „Verschleppt. Ausgebeutet. Vergessen? Zwangsarbeit im Siegerland 1939-1945“ lädt das Aktive Museum am 16.12.2023 um 13-14:30 zu einem Zeitzeugengespräch mit Albert Flamant ein. Das Gespräch gibt Einblicke in das bewegte Leben und die gemeinsame Spurensuche. Interessierte sind – nach kurzer Voranmeldung – willkommen.
Die Spurensuche nehmen wir mit ihm auf dem Hermelsbacher Friedhof auf, wo er an diesem Tag das Grab des Vaters besuchen wird.

Um 15 Uhr nehmen wir gemeinsam mit Herrn Flamant am lokalen Gedenkakt GEHDENKEN am dicken Turm teil. Anschließend wird um 16 Uhr in Ergänzung des Zeitzeugenbesuchs die Sonderausstellung des Aktiven Museums für Besucher geöffnet sein.
Mit der Heirat der deutschen Elli Krüger und dem belgischen Zwangsarbeiter Maurice Flamant beginnt die ungewöhnliche Lebensgeschichte von Albert Flamant. Schon wenige Monate nach der Hochzeit verstirbt der Vater am 16. Dezember 1944 zusammen mit der Tochter Irene beim großen Bombenangriff. Der Sohn Albert wird kurz nach Kriegsende geboren. Mit der Mutter verlässt er Siegen noch als Kind, um dann Jahre später als belgischer Garnisonssoldat in Siegen stationiert zu sein.“
Quelle: Aktives Museum Südwestfalen, Pressemitteilung