„Fabrikation eines Verbrechers“ – Historischer Kriminalfall als Medienereignis

Die Kultur- und Medienwissenschaftlerin Prof. Dr. Susanne Regener von der Universität Siegen hat zusammen mit dem Jenaer Historiker Dr. Axel Doßmann ein Buch über den Fall Bruno Lüdke geschrieben.

Das Böse übt seit jeher einen morbiden Zauber auf das Publikum aus. In der jungen Bundesrepublik ergötzten sich LeserInnen und KinogängerInnen an der dämonischen Figur des vermeintlichen Massenmörders Bruno Lüdke. Morde an mehr als 50 Frauen wurden ihm von der nationalsozialistischen Polizei und Justiz angelastet. In den 1950er Jahren trugen dann verschiedene Medien dazu bei, Lüdke zum Monster zu stilisieren: „Spiegel“-Gründer Rudolf Augstein schrieb in einer Artikelserie ebenso über ihn wie der Journalist und Bestseller-Autor Will Berthold. In Robert Siodmaks Spielfilm „Nachts, wenn der Teufel kam“ spielte Mario Adorf den vermeintlichen Massenmörder Lüdke, in Dokumentarfilmen, in Ausstellungen und im Internet ist der Mythos präsent geblieben. Erst zu Beginn des 21. Jahrhunderts setzte sich die Erkenntnis durch, dass die gegen Bruno Lüdke erhobenen Vorwürfe nicht haltbar waren. Die Kultur- und Medienwissenschaftlerin Prof. Dr. Susanne Regener von der Uni Siegen und der Jenaer Historiker Dr. Axel Doßmann haben jetzt ein gemeinsames Buch zu dem Fall veröffentlicht. Darin arbeiten sie die Geschichte dieses historischen Unrechts auf und entwerfen gleichzeitig eine Mediengeschichte des Rassismus vom 19. Jahrhundert bis zur Gegenwart.

„Unser Ziel ist es zu zeigen, wie ein Mensch bei der Kripo und in den Medien ein böses Gesicht erhält“, sagt Susanne Regener. Das Material- und Lehrbuch richtet sich an WissenschaftlerInnen, Studierende und historisch Interessierte. Es liefert nicht nur eine wissenschaftlich fundierte Analyse, sondern bietet auch großformatige Abbildungen zahlreicher Dokumente zum Kriminalfall: von Tatortfotos, über Verhörprotokolle, Aktenblätter, Zeitschriftenartikel und Filmplakate bis hin zu einer Büste und einem Handabdruck Lüdkes. „Den Leserinnen und Lesern werden viele Quellen direkt und beziehungsreich vor Augen gebracht. Sie sollen sich selbst ein Bild machen können, unsere Deutungen konkret nachvollziehen können“, sagt Axel Doßmann. Weiterlesen

vielSeitig in die Vergangenheit

Lesung von Prof. Dr. Hans Rudolf Velten und Dr. Nathanael Busch
26. Mai 2018 ab 18:00 Uhr im Frei:Raum, Löhrstraße 30, Siegen.

Heutzutage ist es vollkommen selbstverständlich, dass jedes Kind in Deutschland eine Schule besucht und dort das Lesen lernt. Wir benötigen niemanden mehr, der oder die uns Texte vorträgt, damit wir in den Genuss des Inhalts kommen. Ohne Probleme können wir selbst zum Buch greifen und uns in die Seiten vertiefen.
Was heute zum alltäglichen Leben gehört, war im frühen Mittelalter ein seltenes Privileg: Nahezu ausschließlich der Klerus war zum Lesen und Schreiben befähigt. Im Verlauf des Hochmittelalters entstanden die ersten Kathedralschulen, die auch von den Adeligen und später von überdurchschnittlich wohlhabenden Bürgern besucht werden konnten. Der großen Allgemeinheit war es allerdings nicht möglich selbst zu lesen. Sie waren darauf angewiesen, dass ihnen Texte vorgetragen werden.
Die Lesung „vielSeitig in die Vergangenheit“ versetzt uns in genau diese Zeit zurück: In einem mittelalterlichen Ambiente werden uns die Mediävisten Prof. Dr. Hans Rudolf Velten und Dr. Nathanael Busch literarisch in eine vergangene Zeit führen. Dabei werden sie von Dominik Jung aus dem Fachbereich Musik auditiv begleitet. Die Immersion wird dadurch verstärkt, dass die atmosphärische Lesung auf Mittelhochdeutsch stattfindet. Die drei Lehrenden lassen so die Grenzen zwischen einer kontemporären Cafélesung und einer damaligen Burglesung im mittelalterlichen Nordeuropa verschwimmen.

Die Veranstaltung ist ein erster Vorgeschmack auf das im Herbst stattfindende Europäische Literaturfestival Siegen – vielSeitig, das gemeinsam von dem Kultur!Büro des Kreises Siegen-Wittgenstein und der Universität Siegen veranstaltet wird. Sie wird von den Studierenden des Projektseminars „Literaturfestivals“ konzipiert und realisiert.
Quelle: Universität Siegen, 18.5.2018

„Macht die Emanzipation Frauen zu Terroristinnen?“

Helge Pross „zu Gast“ im Unteren Schloss Siegen

Helge Pross lehrte von 1976 bis 1984 als Professorin an der Universität Siegen und war Vorreiterin der Frauen- und Geschlechterforschung. Die Uni Siegen widmet der Soziologin nun eine Ausstellung in ihrer Teilbibliothek Unteres Schloss.

„Macht die Emanzipation Frauen zu Terroristinnen?“ So lautete im September 1977 die Überschrift zu Helge Pross‘ Kolumne in der Zeitschrift Brigitte. Helge Pross ist zwar bereits 1984 gestorben, aber die Forschung und Ideen der ehemaligen Siegener Professorin sind immer noch aktuell. Deshalb widmet die Uni Siegen der Soziologin und Publizistin seit dem 17. April und bis zum 16. Mai eine Ausstellung in der Teilbibliothek Unteres Schloss. „Wenn man sich die Publikationen der PreisträgerInnen des Helge-Pross-Preises anschaut, fällt auf, dass sich die WissenschaftlerInnen immer noch mit denselben Fragen beschäftigen, wie Helge Pross vor über 40 Jahren“, sagt Jessica Stegemann von der Universitätsbibliothek Siegen, die für die Ausstellung verantwortlich ist. „Aber nicht nur das: Auch die Forderungen, die die WissenschaftlerInnen zur Gleichberechtigung stellen, sind selbst nach vier Jahrzehnten noch fast dieselben.“ Dies führt die Helge Agnes Pross Ausstellung den BesucherInnen vor Augen. Denn die Ausstellung beschäftigt sich nicht nur mit Leben, Forschung und Wirkung der Soziologin, sondern stellt auch die bislang sechs PreisträgerInnen des Helge Pross Preises und deren Forschungen vor. Weiterlesen

Tagung/Lehrerfortbildung „Region und außerschulische Lernorte“, 2./3.2.18

„Ziel der Fortbildungsreihe HISTORICA ET DIDACTICA ist es, Unterrichtenden des Faches Geschichte aller Ausbildungsphasen und Qualifikationsstufen aktuelle Fragen der historischen Forschung und der Geschichtsdidaktik vorzustellen. In anschließenden Workshops reflektieren die Referentinnen und Referenten zusammen mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern über Umsetzungsmöglichkeiten im Unterricht.

Die Tagung verfolgt zwei Schwerpunkte. Zum einen wird die Frage diskutiert, wie sich „klassische“ Inhalte der Lehrpläne regional thematisieren lassen. Region steht dabei zugleich exemplarisch dafür, wie sich sowohl „große“ Linien in der Region wiederfinden lassen, als auch regionale Besonderheiten, „Ungleichzeitigkeiten“ oder Abweichungen die Geschichte der Region/in der Region prägen. Dies soll an Beispielen von der Antike bis in die Gegenwart durchgeführt werden. Eine zweite Leitfrage der Tagung gilt Überlegungen, wie mit Hilfe von Geschichte „Region“ konstruiert wird. Auf welche Epochen, Elemente der Vergangenheit wird dabei besonders zurückgegriffen, wie und warum wandelt sich diese Konstruktion, welche unterschiedlichen Zugriffe gibt es heute? Diese Fragen sollen möglichst an Beispielen außerschulischer Lernorte diskutiert und die mit dem spezifischen Ort verbundenen Lernchancen herausgearbeitet werden.

Programm: Weiterlesen

„Das Archiv macht Geschichte nachvollziehbar“

3 Fragen an den Uniarchivaren

Raphael Heumann wagte gestern auf der Campus-Seite der Siegener Westfalenpost einen Blick in das Archiv der Universität Siegen. Neben einer Chronik der Universität Siegen stellte er dem Archivaren Lothar Holzgreve drei Fragen. siwiarchiv bedankt sich für die Erlaubnis der Veröffentlichung dieses kurzen Interviews:

Quelle: Westfalenpost, Campus-Seite, 15.11.2017

Uni Siegen: „Ingenieure der Verlautbarung.

Kommunikationspraktiken und Netzwerke des Bundeskanzleramtes in der Entstehungsphase der deutschen Mediendemokratie in den 1950er Jahren.“
Start des Forschungsprojekt zur Aufarbeitung der NS-Vergangenheit zentraler Behörden.

Kulturstaatsministerin Monika Grütters hat im November 2016 ein Forschungsprogramm zur Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit der Ministerien und zentraler deutscher Behörden ausgeschrieben. Sie folgte damit den Anregungen einer von ihr in Auftrag gegebenen Studie des Instituts für Zeitgeschichte und des Zentrums für Zeithistorische Forschung („Die zentralen deutschen Behörden und der Nationalsozialismus – Stand und Perspektiven der Forschung“). Die ausgewählten zehn Forschungsvorhaben stehen nun fest. Weiterlesen

Mosaiksteine runden Geschichte Siegens ab

ZEIT.RAUM Siegen: Neues Veranstaltungsformat der Mittwochsakademie trifft auf positive Resonanz und wird im Wintersemester fortgesetzt.

Während eines Stadtrundgangs erkundeten die ZEIT.RAUM Siegen-Teilnehmer das interaktive Stadtmodell im Oberen Schloss. Foto: Katja Knoche


„Vor allem die wöchentlichen Einheiten ,Erinnerungsorte‘ fand ich richtig gut. Meine Erinnerung an einen Ort war teilweise eine andere als die einiger Teilnehmer. Dies ließ mich auf Spurensuche gehen: Besuch im Stadtarchiv, im Museum, in der Museumsverwaltung…“. Rosemarie Harth ist Teilnehmerin des Citizen-Science-Projekts der Mittwochsakademie „ZEIT.RAUM Siegen: Regionale Geschichte und Erinnerungsorte mit Bürgerinnen und Bürgern erforschen“. Erstmals besteht für Besucherinnen und Besucher der Mittwochsakademie die Möglichkeit, gemeinsam mit den Geschichtswissenschaftlern Dr. Jens Aspelmeier und Matthias Opitz an einem Forschungsprojekt teilzuhaben. Aspelmeier: „Was wir uns versprochen haben, dass wir über die Region ins Gespräch kommen, hat funktioniert. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer setzen sich mit ihrem eigenen Dasein in Siegen auseinander. Sie möchten dabei Expertenwissen vermittelt bekommen, aber auch mitdiskutieren und sich mit ihren Erinnerungen einbringen.“ Weiterlesen

Kooperation zwischen der Universität Siegen und dem Archiv des Liberalismus

Die Büste des in Siegen geborenen liberalen Pädagogen Adolph Diesterweg (1790-1866) ziert den Campus der Universität Siegen, an der Ewald Grothe gestern eine neue Kooperation vereinbarte. In einem konstruktiven Gespräch mit der dortigen Historikerin Prof. Dr. Angela Schwarz verabredete er für die Zukunft Besuche des Siegener Lehrenden und Studierenden in Gummersbach ebenso wie Vorträge der Gummersbacher Historiker an der Universität Siegen. Nach Aachen, Bonn, Gießen, Hagen, Köln, Marburg und Wuppertal wird damit die achte Hochschule seit 2011 mit dem ADL zusammenarbeiten.

Quelle: Archiv des Liberalismus, Facebook-Eintrag v. 9.5.2017

Ausstellung „Papyrus, Pergament, Papier.

Von schmutzigen Lumpen und prachtvollen Büchern“. Eine Ausstellung von Studierenden der Universität Siegen in der Passage der Teilbibliothek Unteres Schloss (US), 21. März – 10. April 2017

Ein Buch zu besitzen, ist heute nichts Besonderes mehr – in vielen Haushalten finden sich bunt bebilderte Kinderbücher, alte Bibeln, Romane oder Sachtexte.
Für die Menschen im Mittelalter war solch ein Reichtum noch undenkbar, war doch, bevor Johannes Gutenberg im 15. Jahrhundert den Buchdruck erfand, jedes Schriftstück ein kostbares, handgefertigtes Unikat. Bereits die Herstellung der Beschreibstoffe war langwierig und teuer: das schon im Alten Ägypten aus Pflanzenstreifen zusammengepresste Papyrus und das aus getrockneten Tierhäuten bestehende Pergament wurden erst ab dem 13. Jahrhundert allmählich durch das günstigere, aus einem Faserbrei aus alten Lumpen geschöpfte Papier ersetzt. Tinten und Farben wurden aufwendig aus Pflanzenteilen, gemahlenem Gestein oder tierischen Sekreten erzeugt. Meist waren es Mönche, die die Texte in speziellen Schreibstuben sorgfältig von Hand anfertigten und zuweilen innen wie außen prachtvoll gestalteten. Weiterlesen