1933 entlassener Kreismedizinalrat
Anlässlich 141. Geburtstag sei auf folgende, einschlägige Literatur verwiesen:
Traute Fries/ Hartmut Prange: „Hier geschieht niemandem Unrecht!“ Zur Geschichte von Dr. Artur und Else Sueßmann und der Familie ihrer Tochter Annemarie Meyer, Siegen 2010.
Die Dokumentation zeigt am Beispiel der Eheleute Sueßmann und der Familie ihrer Tochter Annemarie Meyer das Schicksal der zum Christentum konvertierten Juden während des Nationalsozialismus auf. Ferner wird die Problematik der „Mischehen“ behandelt. Es gab Menschen, die der Familie Meyer in der schweren Zeit geholfen haben. Annemarie Meyer hat unmittelbar nach dem Krieg ihre Erlebnisse während der Gestapohaft aufgeschrieben. Der Bericht wird wiedergegeben.
Es folgt eine Kurzbiographie Dr. Sueßmanns zur ersten Orientierung:
Dr. med Arthur Suessmann wurde am 19. August 1871 in Breslau geboren. Sein Vater war Fabrikant. Suessmann besuchte das Breslauer Elisabeth-Gymnasium. Am 22. Oktober 1889 schrieb er sich an der Breslauer Universität für das Studium der Medizin ein. Am 10. März 1894 verließ er die Breslauer Universität mit dem Doktorgrad; zu diesem Zeitpunkt wohnte er in der Breslauer Schillerstr. 28.
Er war mit Else (Ilse) Suessmann geb. Kuhn, geboren 3. Januar in 1873 in Schwejdnitz, verheiratet. Beide hatten bereits vor der Eheschließung die christliche Religion angenommen. Aus dieser Ehe gingen zwei Kinder (1900 eine Tochter, 1904 einen Sohn) hervor.
Seine erste Arztstelle trat Suessmann im Hultschiner Ländchen in Petershofen (heute: Petrkovice/Tschechien) an, wo er sich für das Deutschtum stark engagierte und für sein Eintreten den preußischen Kronenorden erhielt. Später war er annähernd 20 Jahre in Wipperfürth tätig.
Während des gesamten, ersten Weltkriegs hat Arthur Suessmann seinen Dienst als Truppenarzt und Lazarettleiter versehen. Er war Träger des Eisernen Kreuzes Erster und Zweiter Klasse.
Als Kreismedizinalrat ist er in Siegen seit den frühen, zwanziger Jahre des vorigen Jahrhunderts nachweisbar. 1930 wohnte er in Siegen in der Friedrichstr. 21, sein letzter Wohnsitz war die Achenbacher Straße 10 (1939). Durch den § 3 des Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums vom 7. April 1933 verlor er seine Anstellung als Kreismedizinalrat und seine Approbation wegen seiner jüdischen Vergangenheit.
Am 17. Juni 1942 wählte er mit seiner Frau wegen der bevorstehenden Deportation nach Theresienstadt den Freitod. Auf dem Hermelsbacher Friedhof wurden die Eheleute beigesetzt. Dr. Suessmann. riet auch anderen Familien zum Freitod statt zur Deportation, da er die menschenunwürdigen Verhältnisse 1938 am eigenen Leib im KZ Sachsenhausen erfahren hatte und 1942 von der bevorstehenden „Endlösung“ überzeugt war.
Quellen:
Vossen, Johannes: Gesundheitsämter im Nationalsozialismus. Rassenhygiene und offene Gesundheitsfürsorge in Westfalen 1900 – 1950, Essen 2001, S. 237
Suessmann, Arthur: Über einen neuen Fall von multipler Myelombildung, verbunden mit hochgradiger Albumosurie, Diss. med., Leipzig 1897
Auskunft Universitätsarchiv Wroclaw v. 01.04.2003 (AZ.: AU-481/9/2003)
Auskunft Privat
Lande, Peter W.Westphalian Jews. Data compiled [http://www.jewishgen.org/databases/Germany/westphalia.htm Stand: 05.12.2006 (=Lande)]
Bundesarchiv, Liste aus der Datenbank zum Gedenkbuch (=BA-Liste, )
Bundesarchiv Wohnortliste 1939 (=BA 39, )
Datenbankauskunft zu Dr. Arthur Suessmann und Else Suessmann des Aktiven Museums Südwestfalen Siegen (=AMS Datei)
Für diesen Text wurde nicht ausgewertet:
LA Merseburg C 48 I i, Nr. 154: NSDAP-Gauleitung Westfalen-Süd, 21.11.1933
Suessmann, Artur: Beitrag zur Aciditätsbestimmung im Harn, Med. Fak., Inaug.-Diss., 1896 21 S., 1 Bl. [Staatsbibliothek Berlin Signatur 4712 (Standort: Potsdamer Str.)]
Ein Zufallsfund:
“ …. Auf Grund der Verfügung des Herrn Regierungspräsidenten in Arnsberg wurden im abgelaufenen Jahre zwei Ausbildungslehrgänge für Milchhändler durchgeführt. Jeder Kursus umfaßte 72 Stunden und vermittelte den Teilnehmern die so unbedingt notwendigen biologischen, technischen und hygienischen Kenntnisse für den Milchvertrieb. Nicht minder wichtig waren die geschäftskundlichen Belehrungen. Als Lehrer waren tätig der Handelsoberlehrer Fischer, Tierarzt Dr. Henrichs, Kreisarzt Dr. Sueßmann und Nahrungsmittelchemiker Dr. Fuchs. Das neue Reichsmilchgesetz stellt mit Recht weitgehende Anforderungen an die Vertreter des Milchhandels, kommt es doch zum Vertrieb des wichtigsten Nahrungsmittels für Säuglinge, Kranke und Gesundean. An jedem Lehrgang nahmen 33 Personen teil, die sich am Schluß einer Prüfung unter dem Vorsitz des Berichtserstatter [Anm.: Schulleiter Karl Breitenbach] und im Beisein von Vertretern der Kommunalverwaltungen, sowie des Kreischemikers Schemm und des Verbandsgeschäftsführers Dr. Klutmann, Essen, unterzogen. Welchen Wert die Regierung diesen Lehrgängen beimißt, geht schon daraus hervor, daß die Genehmigung zum Milchhandel künftig nur mehr solchen Personen erteilt wird, die die persönliche und geschäftliche Eignung nachweisen. ….“ aus: Jahresbericht 1929/30 der Städtischen Berufs- und Fachschulen Siegen, S. 8-9
Ein weiterer Zufallsfund belegt Artur Sueßmann als medizinischen Sachverständigen in dem aufsehenerregenden Mordfall Angerstein, wie dieser Ausriss aus der Bergisachen Zeitung vom 9. Juli 1925 dokumentiert:
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Weitere Medienberichte über Dr. Sueßmanns Wirken:
– Rheinisches Volksblatt, 29. März 1924:
– Sauerländisches Volksblatt, 12. September 1924:
– Bürener Zeitung, 19. Januar 1927:
– Central-Volksblatt für das gesamte Sauerland, 8. Oktober 1930:
s. a. Rassenhygiene in der Schule, Med.-Rat Sueßmann,
Siegen i. W., Zeitschrift für Medizinalbeamte,
Nr. 8. 15. April 1928. Dieser Hinweis verweist auf die erforderliche Durchsicht der medizinischen Fachliteratur auf Beiträge von Suessmann.