Fachtagung in Münster
Was sagen historische Tagebücher und Briefe über das Selbstverständnis des vor-modernen Adels in Deutschland und den Niederlanden aus? Mit dieser Frage beschäftigt sich am 6. und 7. Juni in Münster eine Fachtagung über Selbstzeugnisse in nordwestdeutschen und niederländischen Adelsarchiven.
Das Symposium ist die dritte länderübergreifende Tagung, die vom deutsch-niederländischen Arbeitskreis für Adelsgeschichte (Nederlands-Duitse Kring voor Adelsgeschiedenis) veranstaltet wird. Der Arbeitskreis, ein Zusammenschluss von Archivaren und Historikern aus den Niederlanden und Deutschland, hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Geschichte des Adels auf beiden Seiten der Grenze zu beleuchten. Mitveranstalter der Tagung sind die Vereinigten Westfälischen Adelsarchive e.V. und der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL).
So genannte Egodokumente oder Selbstzeugnisse, seien es Tagebücher, Erinnerungen, Reisebeschreibungen oder Selbstreflexionen haben die Nachwelt schon immer interessiert, weil sie einen tiefen Einblick in das Denken und Fühlen von Menschen anderer Epochen erlauben. Bedingt durch die besondere Stellung des Adels in der vormodernen Gesellschaft findet sich gerade in den Adelsarchiven eine ganze Palette dieser Egodokumente. Adelige verfügten über finanziellen Rückhalt und die Muße, Reflexionen über sich selbst zu verfassen. „Gemeinsam ist allen adeligen Selbstzeugnissen stets das ausgeprägte Selbstverständnis als Repräsentanten ihrer Familie und ihres Standes, das staatliche und konfessionelle Grenzen überschreitet“, so Dr. Gunnar Teske vom LWL-Archivamt für Westfalen.
Schwerpunkte der Tagungsbeiträge sind Texte Adeliger über Haus und Familie, Erlebnisberichte aus der Fremde und vor allem auch Selbstzeugnisse adliger Damen. Seit dem Aufklärungszeitalter des 18. Jahrhunderts war Schreiben und literarisches Schaffen für weibliche Adlige selbstverständlich geworden. Neben den Briefen, die zur alltäglichen Kommunikation gehörten, wurde das Tage-buchschreiben für die adelige Dame fast zu einer konventionellen Pflicht.
Im öffentlichen Abendvortrag „Mit dem Kaiser ins Exil – Die Tagebücher Sigurd von Ilsemann“ berichtet Wendy Landewé (Haus Doorn) am 6. Juni um 19 Uhr im Erbdrostenhof in Münster vom Selbstverständnis des Flügeladjutanten Wilhelms II., der zu den wichtigsten Zeugen für das Leben des deutschen Exkaisers im Exil gehört.
Weitere Informationen und das Programm finden sich unter: http://www.adelsgeschichte-d-nl.org
Tagungspublikation liegt als PDF vor.