Größere Städte haben es bereits seit einigen Jahren, im Kreis Siegen-Wittgenstein musste Klaus Dieter-mann lange warten bis es nun Wirklichkeit ist: ein Online-Gedenkbuch für die Opfer des Nationalsozia-lismus im Kreis Siegen-Wittgenstein. Seit 26. Januar 2015 und damit einen Tag vor dem bundesweiten Gedenktag an die NS-Opfer ist es nun online unter www.aktives-gedenkbuch.de.
Warum ging es nicht schneller? „Wir hatten die Idee schon vor mehreren Jahren, aber einfach keinen Kooperationspartner gefunden“, sagt Dietermann. Er habe die Stadt gefragt, den Kreis: „Die haben höf-lich abgewinkt“, sagt der erste Vorsitzende des Aktiven Museums Südwestfalen. Erst die Universität Sie-gen habe die Idee mit offenen Armen aufgenommen, Kooperation bei der technischen, wissenschaftli-chen und didaktischen Umsetzung angeboten. Weitere – finanzielle – Unterstützung habe das Aktive Museum von der Landeszentrale für politische Bildung in NRW erhalten.
Das aktive Gedenkbuch bietet dank Biografien, Fotos und weiterer Materialen die Möglichkeit, zur Re-cherche über Schicksale von Menschen aus dem Kreis Siegen-Wittgenstein. Sie alle wurden von den Na-tionalsozialisten verfolgt und ermordet. Das Gedenkbuch ist nicht nur ein historisches Dokument des Erinnerns, sondern auch ein wertvolles didaktisches Mittel für die politische Bildung. „Wir geben den Opfern wieder ein Gesicht, eine Biografie“, sagt Prof. Dr. Bärbel Kuhn, Inhaberin des Lehrstuhls für Di-daktik der Geschichte. In Anbetracht der immer geringer werdenden Zahl lebender Zeitzeugen habe das aktive Gedenkbuch einen „einzigartigen didaktischen Wert“, sagt Kuhn. Das Gedenkbuch wird in die Lehrerbildung an der Universität Siegen eingebunden. Im kommenden Sommersemester werde ein Se-minar für Lehramtsstudierende zu Online-Gedenkbüchern und Stolpersteinen angeboten, kündigte Dr. Jens Aspelmeier von Lehrstuhl für Didaktik der Geschichte an. Zudem werde es eine entsprechende Lehrerfortbildung im Kreis Siegen-Wittgenstein geben.
1446 Datensätze sind zum Start des Gedenkbuchs online, und es sollen noch mehr werden. „Ich möchte dezidiert dazu aufrufen, sich zu beteiligen“, sagt Prof. Dr. Angela Schwarz, Inhaberin des Lehrstuhls für Neuere und Neueste Geschichte an der Universität Siegen. Jeder könne mitmachen und das aktive Ge-denkbuch erweitern. Wer Informationen oder Dokumente zu NS-Opfern aus der Region hat, könne sich per Email an die Redaktion (redaktion@aktives-gedenkbuch.de) des aktiven Gedenkbuchs wenden.
Aufgrund der Stolperstein-Initiative in Siegen-Wittgenstein hatte das Aktive Museum bereits viele Daten und Biografien zur Verfügung. Ergänzt wurde die Datenbank vom Kreisarchiv Siegen-Wittgenstein. Wie bei den Stolpersteinen, sind nicht alle „Opfer“ innerhalb des Gedenkbuchs tatsächlich öffentlich mitsamt Biografie einsehbar. „Wir können – auch aus rechtlichen Gründen – nicht alles veröffentlichen“, sagt Kreisarchivar Thomas Wolf. So wollten Angehörige, die noch in der Region leben, in vielen Fällen nicht, dass die Stolpersteine mit den Familiennamen vor die Häuser des eigenen Wohnorts kommen oder der Familienname im aktiven Gedenkbuch veröffentlicht wird – aus Angst vor Diskriminierung.