Auflösung des Siwiarchiv-Pfingst-Fotorätsel

Zu Pfingsten und in Hinblick auf den Mühlentag hatte siwiarchiv ein Fotorätsel aufgegeben. Peter Kunzmann ist recht schnell fündig geworden und vermutete leider zu Recht ein „Haar in der Suppe“. Unstrittig handelts es sich um identische Bilder – jedoch liegen dem Kreisarchiv andere Angaben bezüglich des Ortes und des Fotografen vor, so dass eine ausführlichere Beantwortung von Nöten ist.
Die Bildvorlage wurde dem Kreisarchiv von privater Hand aus Österreich überlassen. Dort wurde das Bild quasi als „give away“ vom einem Antiquaren einer Privatperson geschenkt, die daraufhin Kontakt mit dem Kreisarchiv aufnahm.

Das Bild zeigt laut Aufschrift die (Wassermühle) in Netphen-Helgersdorf in einer Aufnahme von Peter Weller um das Jahr 1900. In Blick in das Standardwerk zur Siegener Mühlengeschichte – Hans Dirk Joosten, Mühlen und Müller im Siegerland, Münster 1996 – ergab zunächst, dass dort keine Mühle in Netphen-Salchendorf bekannt ist. Zur Helgersdorfer Mühle führt Joosten aus (S. 217): “ …. Über das Entstehungsjahr der Mühle gibt es widersprüchliche Quellen, die von Irle diskutiert werden. Die Genehmigung wurde offenbar 1456 erteilt, 1577 wird eine Mühle dort erwähnt, 1614 ist jedoch die Rede davon, daß die Grafen von Nassauden Bau nicht zulassen wollen. Fest steht, daß sie im Besitze derer von Bicken war und 1700 an eine Genossenschaft Thomas Vitt verkauft wurde, dann aber nach einem Rechtsstreit anden Vesitznachfolger der Bicken, von Fleischbein, 1744 zurückging. Bereits 1747 ging sie an den Fürsten von Nassau, später dann an den preußischen Staat. Sie hatte 1791 Zwangsberechtigung auf Helgersdorf und Werthenbach. 1817 findet sich Gerhard Schäfer als Pächter der beiden Mühlen Helgersdorf und Irmgarteichen, 1818 wird die Anlage zum Verkauf angeboten. Bis etwa 1870 hatte Heinrich Schneider die Mühle in Besitz, danach ging sie an die Familie Neuser (Heinrich bis etwa 1900, Friedrich bis 1943, Paul und Friedrich Neuser bis 1958). Der Betrieb wurde im Rahmen der Mühlenstillegungsaktion [Anm.: Gemeint ist das Mühlengesetz] eingestellt. ….“ Ferner findet sich bei Joosten eine Fotografie der Mühle von Eduard Ley, die zwischen 1910 und 1920 datiert ist (S. 342). Ein Rätsel mit mehr Antworten als Fragen, das dennoch der endgültigen Klärung bedarf!

4 Gedanken zu „Auflösung des Siwiarchiv-Pfingst-Fotorätsel

  1. Ich glaube auch nicht, dass man über eine zweite Mühle nachdenken muß. „Bei Salchendorf“ in der LWL-Bildbeschreibung ist eine sinnvolle Angabe zur Lage der Helgersdorfer Mühle gewesen. Salchendorf war von der Einwohner- bzw. Häuserzahl her mindestens zehnmal größer als das benachbarte Helgersdörfchen und deshalb als Orientierungshinweis in einer Fotosammlung besser geeignet, wenn diese nicht ausgesprochen wissenschaftlichen Zwecken dienen sollte. Wegen der Datierung und des Fotografen müßte man beim Landschaftverband anfragen, wie authentisch dessen Angaben sind und ob dort evtl. Korrekturbedarf besteht. Sollte es sich um einen Fehler handeln, wären davon möglicherweise noch andere Aufnahmen der Siegerländer Bildreihe betroffen.
    Ist die genau Lage der ehemaligen Mühle eigentlich bekannt? Falls das Haus nicht mehr stehen sollte, könnte vielleicht noch die kleine Brücke (am linken Bildrand) weiterhelfen. (Da ich zu den zukunftslosen nicht-motorisierten Deppen gehöre, kann ich nicht selbst hinfahren und suchen.)
    P.K:

  2. Eine kurze Beschreibung der 1812 „an den Meistbietenden“ zum Verkauf stehenden Mühle:
    „Die herrschaftliche Mahlmühle zu Helgersdorf hat einen oberschlächtigen Mahlgang, ist 2stöckig unten massiv, im 2ten Stock von Holz erbauet, und nebst dem ihr angebauten Eishause mit Stroh gedeckt. Sie enthält eine kleine heitzbare Stube für einen Müllerknecht. Die Grundfläche ist 4 1/2 Ruthe groß. Überdem gehört dazu ein kleiner obig der Mühle gelegener Weiher. Die Taxe beträgt 309 Fr. und das Brand-Assecuranz Quantum 290 fl.“
    Zeitung des Großherzogthums Frankfurt, Beilage zu Nr. 116 vom 25.4.1812, letzte (ungezählte) Seite, rechte Spalte oben; Zugang via Google books.
    (Außerdem sollten „im Canton Netphen“ die Mühle Irmgarteichen und das Schloß Hainchen verkauft werden.)
    P.K.

  3. P.K. schrieb:
    Ist die genau Lage der ehemaligen Mühle eigentlich bekannt? 

    Die Mühle steht nach wie vor in Helgersdorf und ist als solche auch noch zu erkennen.

    Bezüglich des Alters werde ich in absehbarer Zeit eine wissenschaftliche Datierung durchführen lassen.

    Gerd Müller
    Besitzer

    • Dank an Sie, Herr Müller, für den interessanten Nachtrag! Es ist immer erfreulich, wenn Themen in diesem Blog nicht als Eintagsfliegen verenden, sondern immer mal wieder, und sei es nach 5 Jahren, aufgegriffen werden. Auf die wissenschaftliche Untersuchung der (beneidenswerterweise???) in Ihrem Besitz befindlichen Mühle darf man gespannt sein. Sicher werden Sie das Publikum zu gegebener Zeit an den Ergebnissen teilhaben lassen. Frohes Schaffen! (Gibt es unter Müllern eigentlich auch einen Glück-Wunsch analog zu „Waidmannsheil“ oder „Glückauf“?)

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