Fachwerkhäuser baute man vor allem „aus Liebe zur Heimat“, wie es der Duisburger Ingenieur W. Krämer 1914 noch formuliert hatte. Und dennoch assoziieren viele Siegenerinnen und Siegener heutzutage ihre Heimat längst nicht mehr mit den Bauten aus Flechtwerk und Lehm, wie sie unter dem Krönchen bis Ende des Zweiten Weltkrieges zu finden waren.
Um einen Eindruck von der Bausubstanz der Oberstadt in der Zeit vor 1944 zu vermitteln, präsentiert das Stadtarchiv Siegen in seiner Reihe „Foto des Monats“ historische Aufnahmen von Straßenzügen und einzelnen Fachwerkensembles, die für Siegen charakteristisch waren. Gemeint sind dabei nicht einmal die Gebäude im Stil des Sparfachwerks, sondern auch markante Fassadengestaltungen und kunstvoll verzierte Holzschnitzereien.
Das eigentliche Fachwerk entwickelte sich wahrscheinlich aus Flechtwerkhütten und dem Palisadenbau, denn „Wand“ ist ein altes germanisches Wort, das von „winden“ kommt und ursprünglich etwas Gewundenes oder Geflochtenes bezeichnete.
Zunächst setzte man bei dem Bau eines Fachwerkhauses auf massige, wuchtige Hölzer, die nur grob bearbeitet und eher naturbelassen waren. Ab dem 19. Jahrhundert ging man jedoch dazu über, ausschließlich gerade Bauhölzer zu benutzen und die Stockwerke nicht mehr aus einem Holz anzufertigen, sondern diese aufeinanderzusetzen. Das Siegerländer Fachwerkhaus zeichnete sich im Allgemeinen durch Einfachheit in seinem Muster aus, obwohl es reich an Dekorationselementen wie Schnitzereien, Bemalungen und Inschriften war. Oftmals waren Häuser nach ihrem Besitzer benannt oder offenbarten Sinnsprüche, die sich meist über der Haustür befanden. Auch Hinweise auf ihren Schöpfer, den Namen eines Zimmermanns oder Bibelverse wurden genannt. Das Dach war noch bis Ende des 18. Jahrhunderts mit Stroh oder Strohziegeln gedeckt. Das Fachwerkhaus wurde erst mit dem Verbot von Strohdächern feuerfester und erfuhr dann ab 1790 während der Nassau-Oranischen Zeit durch eine neue Bauordnung von Karl Sckell eine erneute Wandlung, da dieser zur Verwendung von weniger Holz riet. Viele Fachwerkhäuser in der Oberstadt wie zum Beispiel das berühmte „Haus Spickermann“ stammten aus der Renaissance und repräsentierten nicht nur die Geisteshaltung ihrer Besitzer, sondern auch die wirtschaftliche Blüte, in der Siegen stand.
In seiner Vitrinenausstellung widmet sich das Stadtarchiv nicht nur den besonders schönen, repräsentativen Fachwerkhäusern der Siegener Oberstadt, sondern auch der Geschichte des Siegener Fachwerks. In einer Glasvitrine im Lesesaal des Stadtarchivs werden Aufnahmen des berühmten Hauses Spickermann ebenso gezeigt wie eine historische Fotografie der Buchhandlung Montanus am Kornmarkt oder die alte Bausubstanz des Grünen Pfuhls im Bereich der Altstadt. Komplettiert wir die Ausstellung durch Informationstafeln und Zeitungsausschnitte und kann vom
31. Januar 2012 bis zum 30. März 2012
im Stadtarchiv Siegen, KrönchenCenter (3. Etage) zu den regulären Öffnungszeiten besichtigt werden.
Quelle: Pressemitteilungen der Stadt Siegen v. 17.2.2012