Zwischen Basaltindustrie und Siegerländer Geschichtsforschung:

Neue Buchveröffentlichung zur Geschichte des Hohenseelbachskopfes

In seiner neuen regionalgeschichtlichen Studie „Ringwall, Römer, Ritterburg“ widmet sich der Autor Christian Brachthäuser dem Naturdenkmal Hohenseelbachskopf zwischen Neunkirchen, Daaden und Herdorf. Allerdings legt der Bibliothekar des Stadtarchivs Siegen seinen Fokus nicht auf die Bedeutung des durch industriellen Rohstoffgewinnung zerstörten Basaltkegels als Stammsitz einer im Jahr 1352 zerstörten mittelalterlichen Burg der Adelsfamilie von Seelbach, sondern konzentriert sich auf die Spekulationen um einen prähistorisch gedeuteten Ringwall, der dem Basaltabbau Ende des 19. Jahrhunderts ebenfalls zum Opfer fiel.

„Der Hohenseelbachskopf gehört sicher zu den eindrucksvollsten und geschichtsträchtigsten Ausflugs- und Wanderzeilen in den Kreisen Siegen-Wittgenstein und Altenkirchen. Er fasziniert Geologen und Botaniker ebenso wie Historiker, Bergbaufreunde und Naturforscher, denn es handelt sich um ein Relikt vulkanischer Aktivitäten vor rund 20 Mio. Jahren, die am Nordrand des Westerwaldes eine Kraterfüllung aus erkaltetem Magma hinterließen. Dadurch entstand ein regelrechter ‚Lavadom‘ aus Säulenbasalt“, so Brachthäuser. Auf historischen Fotografien und Ansichtskarten des 19. Jahrhunderts ist der imposante Basaltkegel noch deutlich erkennbar. „Heimatforscher hatten hier lange Zeit sogar ein römisches Kastell lokalisieren wollen“, wie der Autor in seinem neuen Werk darlegt. Anhand eines bislang unbekannten Aktenstücks im Bestand des Landesarchivs NRW (Abteilung Westfalen) in Münster sowie seltener zeitgenössischer Schrift- und Bildquellen zeichnet Christian Brachthäuser die Bemühungen einflussreicher Kräfte aus Politik und Wirtschaft, aber auch des 1879 ins Leben gerufenen „Vereins für Urgeschichte und Altertumskunde in den Kreisen Siegen, Olpe, Wittgenstein und Altenkirchen (ein Vorgänger des heutigen Siegerländer Heimat- und Geschichtsvereins e.V.) nach, die letztlich vergeblich zur Erforschung und zum Erhalt der archäologischen Zeugnisse der Vor- und Frühgeschichte am Hohenseelbachskopf führen sollten.

„Letztlich überwogen die kommerziellen Verlockungen eines Steinbruchbetriebs. Basalt war über die Region hinaus ein geschätztes Baumaterial für den Straßen- und Wegebau. Die erhaltenen schriftlichen Aufzeichnungen aus den Jahren 1887 bis 1891, das heißt die Protokolle der Haubergsgenossenschaften von Altenseelbach und Daaden, die Korrespondenz ranghoher preußischer Staatsbeamte, Landräte und Präsidenten von Rheinprovinz und Provinz Westfalen dokumentieren eindrucksvoll das Spannungsfeld von Fragen des Denkmalschutzes und der Siegerländer Geschichtsforschung einerseits, sowie wirtschaftlicher Interessen andererseits“, weiß der Autor auf rund 270 Seiten anschaulich zu berichten.

Im Zuge des industriellen Abbaus des vulkanischen Gesteins zu Beginn der 1890er Jahre stand jedoch auch ein Erhalt der rund 1,8 Meter starken Ringmauer aus aufgeschichteten Basaltblöcken nicht länger zu Diskussion. Bis auf einige Reste sind die rätselhaften Strukturen heute allesamt verschwunden. „Dabei diskutierten Heimathistoriker und Bausachverständige vor über einhundert Jahren gleichermaßen über das Alter und die Bedeutung dieses Ringwalls. Waren es die architektonischen Reste eines antiken Militärpostens der Römer? Eine keltenzeitliche Wallanlage? Oder ein zusätzlicher Schutzring um die mittelalterliche Burg der Ritter von Seelbach? Wir wissen es nicht, und werden es wohl nie in Erfahrung bringen, da der Eingriff des Menschen das Landschaftsbild in nur wenigen Jahrzehnten bis zur endgültigen Schließung des Grubenbetriebs 1924 irreversibel veränderte. Heute erinnern nur noch ein Basaltstotz auf der ehemaligen Abbruchsohle sowie informative Schautafeln an die Bedeutung des Hohenseelbachskopfes. Und zwar als Arbeitsstätte für die Steinbrucharbeiter wie auch als historisch beziehungsweise archäologisch bedeutsame Stätte“, so Brachthäuser. Die mit knapp 70 Abbildungen reich illustrierte Buchveröffentlichung „Ringwall, Römer, Ritterburg“ stellt die Akteure vor, die sich Ende des 19. Jahrhunderts um eine systematische Erforschung des Vulkankegels und den Schutz seiner Bodenaltertümer im südlichen Siegerland bemühten. Es werden aber auch die Motive für Vertreter der Basaltindustrie und der beteiligten Haubergsgenossenschaften, welche schlussendlich das Schicksal des Berges besiegeln sollten, untersucht und erläutert.
Die rund 270 Seiten umfassende Neuerscheinung ist als Hardcover-Ausgabe für 24,90 Euro ab sofort überall im Buchhandel oder direkt beim Ancient-Mail-Verlag in Groß-Gerau erhältlich. Sie bietet Interessierten nicht nur im Freien Grund und im benachbarten Kreis Altenkirchen neue Perspektiven bei einer Auseinandersetzung mit der eigenen Vergangenheit und neue Impulse für die Erforschung der Heimatgeschichte.
Quelle: Autor

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