Ein Blick in die Archivarbeit.
Akzession
In den Sommerferien 2003 musste aus organisatorischen Gründen ein als Lagerraum genutzter Kelleraum der Bismarckschule, Siegen-Weidenau, geräumt werden. Der stellvertretende Amtsleiter des Schulamtes bat das Kreisarchiv sich dort aufgefundene Akten anzusehen. Es stellte fest, dass es sich um ca. 40 m mit Einzelfallakten der Kriegsgefangenenentschädigung nach § 3 des KgfEG handelt. Eine Transport in die Räume des Archivs wurde vereinbart und im Spätherbst realisiert.
Erfassung
Ca. 9.500 Einzelfallakten = ca. 46 lfd. Meter
Lfd. Nr. | Name | Vorname | Geburtsdatum | Geburtsort | Wohnort bei Antragsstellung | Schicksal: Grund + Lager + Entschädigungssumme | Laufzeit | Az.: |
1 | B. | A. | 27.6.1891 | Gajdorba (YUG) | Feudingen | Internierter Volksdeutscher seit 17.11.1944 in (J)Garek bis Ostern 1946, in Krusevlje bis 1.6.1947; Antrag abgelehnt | 1954-1958 | C-194 |
Bewertung
Auswahlkriterien:
1) Spätestheimkehrer (Kriegsverurteilte) n. 1949,
2) Frauen
3) Zivilverschleppte (Kinder, Jugendliche)
4) Ausnahmeländer z. B. Jamaika, Joachimsthal
5) Bes. Personen: z. B. Landrat, Kreistagsmitglieder, wichtige Persönlichkeiten der Städte und Gemeinden
6) abgelehnte Anträge
+ Zufallsstichprobe (10 %): Gruppenzusammensetzungen, Verknüpfungen milit. + privates Schicksale – dies gibt die Kartei der Deutschen Dienststelle nicht her -n. Telefonat am 10.12.2003 mit Dr. Rüdiger Overmans (geboren 1954, Lehrbeauftragter am Historischen Seminar der Universität Freiburg, Mitarbeiter des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes Potsdam). Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören die sozialen Folgen des Zweiten Weltkriegs sowie das Thema Kriegsgefangenschaft, zu dem er mehrere Bücher vorgelegt hat, darunter „In der Hand des Feindes. Kriegsgefangenschaft von der Antike bis zum Zweiten Weltkrieg“ (1999). Overmans ist sich ziemlich sicher, dass quantitative Forschungen auch im Bereich der deutschen „Opfer“ zunehmen werden.
Übernahme:
10 – 20% = 6 – 10 lfd. m.
Lagerung:
Entmetallisieren, Umbetten
Erschließung
Erfassungsliste (s. o.)+
ergänzende Angaben
Rechtsgrundlagen:
· Grundgesetz Art. 74 (1) Ziff. 10
· Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz (KgfEG) in Kraft getreten am 2.2.1954 in der Fassung vom 8. Dezember 1956 (BGBl. I S. 908) Neufassung vom 04.02.1987, BGB. I, S. 506
· Aufhebung nach der Wiedervereinigung durch Kriegsfolgenbereinigungsgesetz
Verwaltungsgeschichte
Geschäftsverteilungsplan, Organisations- und Verwaltungsgliederungsplan für die Kreisverwaltung Siegen Stand 1.4.1961
Sozialamt Arbeitsgruppe 2 Fürsorgestelle für Kriegsbeschädigte und Kriegerhinterbliebene, Hauptsachbearbeiter Grünert, stv. AL
Geschäftsverteilungsplan, Organisations- und Verwaltungsgliederungsplan für die Kreisverwaltung Siegen Stand 1.10.1964 unverändert
Ab 1979 50.1
1986 50.2
1993 nicht mehr aufgeführt
1995 50.2
1999 50.1
Ergänzungsüberlieferung
Landesarchiv NRW, Abt. Westfalen: Bezirksregierung Arnsberg vermutlich nicht nach neuestem Bewertungsmodell zur Vernichtung freigegeben.
Unterlagen zu Kriegsgefangenen befinden sich bei der Deutschen Dienststelle, Eichborndamm 179, in 13403 Berlin.
Militärarchiv Freiburg, B 205 Wissenschaftliche Kommission für deutsche Kriegsgefangenengeschichte, ca. 17 lfd. m.
Landesarchiv NRW, Abt. Westfalen, Landratsamt Siegen
2745 Erfassung der Wehrmachtsgefangenen, Wehrmachts und Zivilvermissten 1947-1953
2741 Anträge auf vorzeitige Entlassung deutscher Soldaten aus englischer und französischer Kriegsgefangenenschaft 1946-1947
2748 Listen zurückgekehrter deutscher Kriegsgefangener 1945-1946
2751 Nachweisung über zurückgekehrte deutsche Kriegsgefangene (nur Listen) 1949
2739 Aus Russland zurückkehrende deutsche Kriegsgefangene (nur Listen) 1949-1953
Literatur
Benz, Wolfgang; Schardt, Angelika (Hrsg): Deutsche Kriegsgefangene im Zweiten Weltkrieg Erinnerungen. (Fischer Geschichte; Die Zeit des Nationalsozialismus) Frankfurt 1995.
Overmans, Rüdiger: Soldaten hinter Stacheldraht. Deutsche Kriegsgefangene im Zweiten Weltkrieg. Berlin München 2000
Fragen: gibt es Regionalstudien ?
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