Bundesarchiv verstärkt Digitalisierung von NS-Unterlagen

Zentrale Bestände mit Schwerpunkt Militärgeschichte sollen bis 2027 digital nutzbar sein

Das Bundesarchiv intensiviert die Digitalisierung zentraler Bestände aus der NS-Zeit. Einer der Schwerpunkte liegt auf Akten militärischer Herkunft, die im Anschluss größtenteils online zugänglich sein sollen. Möglich wird das durch zusätzliche Mittel des Deutschen Bundestages in Höhe von 13,5 Millionen Euro.

Die Abbildung zeigt eine von rund 15 Millionen im Bundesarchiv verwahrten Verlustmeldungen (B 563) sowie eine Sammlung von Erkennungsmarken. Diese zweiteiligen Metallmarken dienten der Identifizierung und wurden am Körper getragen. Ein Teil konnte entlang der Perforation abgetrennt und zur Klärung der Identität mitgenommen werden.
Die Identifizierung erfolgte mit Hilfe der bei der Wehrmachtauskunftstelle hinterlegten Erkennungsmarkenverzeichnisse, in denen die Träger der Erkennungsmarken und ihre nächsten Angehörigen erfasst sind. Mit diesen Daten können weiterhin jährlich ca. 1.000 Schicksale geklärt und ggf. noch lebende Angehörige ausfindig gemacht werden.


Bundesarchiv-Präsident Michael Hollmann sagte: „Die Unterstützung des Deutschen Bundestages gibt uns einen weiteren Digitalisierungsschub. Indem wir wichtige Unterlagen aus der NS-Zeit schneller digital nutzbar machen, tragen wir zur immer wieder dringend notwendigen Aufklärung über diese finstersten Jahre der deutschen Geschichte bei. Zugleich erleichtern wir den Zugang für die Forschung und helfen Angehörigen, das Schicksal ihrer Familien besser aufzuklären.“

Zu den für die Digitalisierung vorgesehenen Beständen gehören zum Beispiel die der Wehrkreiskommandos, die Divisionsbestände der Wehrmacht sowie Luftbilder. Auch Lagekarten des Zweiten Weltkriegs sind darunter, etwa des Generalstabs des Heeres, die unter anderem der Nutzung im Führerhauptquartier dienten. Ihre Verarbeitung ist besonders anspruchsvoll: Es handelt sich um über 10.000 Karten mit Formaten bis zu 2 mal 3 Meter und Einzeichnungen von großer Detailtiefe.

Das Bundesarchiv knüpft damit an die Ergebnisse der Vorjahre an: Zahlreiche Reichsunterlagen militärischer Provenienz, überwiegend aus der Zeit 1933 bis 1945, wurden bereits digitalisiert, darunter aus den Bereichen Militärischer Nachrichtendienst, Nachlässe mit Informationen zum militärischen Widerstand wie dem von Oberst Helmuth Groscurth, Erkennungsmarkenverzeichnisse und Verlustlisten.

Die Digitalisierung wird neben dem Archivgut militärischer Stellen auch wichtige Unterlagen zentraler ziviler Stellen sowie der NSDAP, ihrer Gliederungen und angeschlossenen Verbände umfassen. Nach der bereits vollständig digitalisierten NSDAP-Mitgliederkartei mit 12,7 Millionen Karteikarten werden insbesondere die Bestände der Reichskanzlei, des Persönlichen Stabs Reichsführer-SS und des Reichssicherheitshauptamtes in den Blick genommen.

Hintergrund:
Die Unterlagen zur NS-Zeit gehören zu den besonders häufig genutzten Beständen. Zuletzt gingen beim Bundesarchiv jährlich etwa 56.000 Anträge dazu ein, darunter rund 42.000 Anfragen personenbezogen, zum Beispiel zur Aufklärung der Familiengeschichte.

In den kommenden vier Jahren sollen mit den zusätzlichen Mitteln jährlich rund zehn Millionen Seiten aus der NS-Zeit digitalisiert werden. 60 Millionen Seiten zu diesem Thema sind bereits digitalisiert.
Mit ihrer Digitalisierung können Archiv-Dokumente sowohl einfacher genutzt als auch vor Schäden bewahrt werden. So leistet das Bundesarchiv zugleich einen Beitrag zum Schutz der Originale, deren dauerhafter Erhalt unverändert ein prioritäres Ziel ist. Für die Mengendigitalisierung arbeitet das Bundesarchiv mit externen Fachfirmen zusammen und baut eigene Digitalisierungsstrecken aus. So wird sichergestellt, dass die unterschiedlichen Anforderungen an die Digitalisierung der historischen Dokumente erfüllt werden können.

Weitere Hintergrundinformationen:
Mehr zu digitalisierten Beständen im Bundesarchiv:
https://www.bundesarchiv.de/DE/Navigation/Finden/Digitalisierte-Bestaende/digitalisierte-bestaende.html

Mehr zum Amt Ausland-Abwehr im Oberkommando der Wehrmacht:
Menzel, Thomas, Organisationsgeschichte des Amtes Ausland/Abwehr im Spiegel der Aktenüberlieferung im Bundesarchiv-Militärarchiv, Freiburg i.Br.. in: Militärgeschichtliche Zeitschrift 67 (2008) Heft 1.
Müller, Michael, Canaris. Hitlers Abwehrchef, Berlin 2006.
Müller, Norbert (Hg.), Das Amt Ausland-Abwehr im Oberkommando der Wehrmacht. Eine Dokumentation (= Materialien aus dem Bundesarchiv. Heft 16), Koblenz 2007.

Mehr zum Bestand der Erkennungsmarkenverzeichnisse und Verlustmeldungen:
https://www.bundesarchiv.de/DE/Content/Artikel/Ueber-uns/Aus-unserer-Arbeit/Textsammlung-Unterlagen-Abt-PA/unterlagen-abt-pa.html?chapterId=63002
Quelle: Buzndesarchiv, Pressemitteilung v. 6.6.23

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