Mythen, Sagen und Legenden ranken sich um den geschichtsträchtigen Hohenseelbachskopf, auf dessen Basaltplateau im Mittelalter eine trutzige Ritterburg gestanden haben soll. Auch wenn der industrielle Basaltabbau im frühen 20. Jahrhundert leider alle historischen Spuren des einstigen Adelssitzes beseitigt hat, so halten sich bis heute zahlreiche Überlieferungen über die angeblichen Raubritter, die dort ihr Unwesen getrieben haben sollen. Wer waren die adligen Bewohner von Burg Hohenseelbach, die des Landfriedensbruchs bezichtigt erst durch das Eingreifen des Trierer Erzbischofs Balduin von Luxemburg im Jahre 1352 zur Räson gebracht wurden? Handelte es sich bei den urkundlich erstmals 1288 erwähnten Rittern aus dem Freien Grund tatsächlich um skrupellose Meuchelmörder und niederträchtige Wegelagerer, wie es uns die Folklore weismachen will? „Die einseitige Darstellung der Seelbacher Adelsfamilie als streitsüchtige und gewissenlose Raubritter ist sicherlich ungerechtfertigt“, wie der Buchautor Christian Brachthäuser in seinem neuen Werk “Mahlscheid und Hohenseelbachskopf“ ausführt. „Immerhin diente beispielweise mit Heinrich Daube von Seelbach Mitte des 14. Jahrhunderts ein Angehöriger der durchaus angesehenen Adelsfamilie als Prokurator am päpstlichen Gericht in Avignon, als Vertrauter des Bischofs von Eichstätt und weilte übrigens nur wenige Jahre nach der Zerstörung von Burg Hohenseelbach auf dem Hoftag in Nürnberg“, wie der Autor bemerkt. „Zudem zeugen beispielsweise beeindruckende Grabdenkmäler zwischen Siegburg, Friesenhagen, Stift Keppel und Kloster Marienstatt davon, dass nicht nur die Grafenhäuser Sayn und Nassau dem Adelsgeschlecht aus dem südlichen Siegerland eine große Wertschätzung entgegenbrachten, sondern die Seelbacher sehr wohl prestigeträchtige Ämter bekleideten und geistliche Würdenträger stellten“, so der Mitarbeiter des Stadtarchivs Siegen. Wie lässt sich dieser Widerspruch erklären? Und welche Bedeutung kam der alteingesessenen Adelsfamilie und deren Burganlage auf dem “Köppel“, wie der Hohenseelbachskopf im Volksmund genannt wird, etwa im Dritten Reich zu, als sich die SS um den Schriftsteller Otto Rahn für den Burgsitz auf der ehemaligen Basaltkuppe interessierte? „Ein sehr interessantes, bislang kaum bekanntes Kapitel in der Geschichte des heutigen Naturdenkmals, das damit ins Visier nationalsozialistischer Ideologie geriet und selbst die Seelbacher Adligen im Sinne der perfiden Nazipropaganda instrumentalisiert wurden“, so Brachthäuser.
Die Neuerscheinung porträtiert auf über 160 Seiten im DIN A-4-Format ausgewählte Kapitel und bedeutsame Ereignisse rund um das Basaltplateau, das noch heute in der Grenzregion zwischen Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen zahlreiche Geschichtsinteressierte und Wanderer anzieht. Nicht umsonst zählen die heute weitgehend abgetragenen Lavadome der Mahlscheid und des Hohenseelbachskopfes zu den touristischen Highlights der Kreise Siegen-Wittgenstein und Altenkirchen. Und dies auf historischem Terrain. Archäologische Funde bestätigen, dass sich an den Hängen der ehemaligen Basaltkuppen frühkeltische Eisenverhüttungsplätze befanden, während der abgebrochene Säulenbasalt bereits im ausgehenden Mittelalter als geschätztes Baumaterial Verwendung in der nassauischen Residenzstadt Siegen fand. Selbst berühmte Naturforscher wie Alexander von Humboldt (1769-1859) oder Johann Christian Senckenberg (1707-1772) haben sich auf ihren Studienreisen hier aufgehalten und zeigten sich begeistert von der geschichtsträchtigen Kulturlandschaft hoch über der Heller, wie es der Buchautor in seiner Neuerscheinung ausführlich beschreibt.
Wissenswerte Hintergrundinformationen zur Ortsgeschichte von Altenseelbach, zur regionalen Burgenkunde zwischen Sieg und Lahn oder zur langen Bergbautradition und zum Basaltabbau im Freien Grund liefern Anhaltspunkte – nicht nur für Heimathistoriker und Interessierte zwischen Daaden, Herdorf, Neunkirchen und Burbach. Das Buch ist ab sofort für 22,80 Euro im Buchhandel (ISBN 978-3-943565-93-5) oder aber direkt beim Ancient-Mail-Verlag in Groß-Gerau erhältlich.
Quelle: Autor