Heute, 20:00: Jubiläumskonzert „WIE DIE ZEIT VERGEHT. 25 Jahre Studio für Neue Musik“ in Zusammenarbeit mit dem Apollo-Theater Siegen. Kuss-Quartewtt spielt Musik von Ludwig van Beethoven, Martin Herchenröder, Bruno Mantovani, Enno Poppe und Aribert Reimann
Seit 1995 stehen Neue und neuste Musik im Fokus. Musikalische Avantgarde fernab der Metropolen, sozusagen ‚auf dem Lande‘? Kann so etwas gelingen? Als 1995 das Studio für Neue Musik der Universität Siegen ins Leben gerufen wurde, war genau das das Ziel: Neue und neuste Musik für jeden erlebbar zu machen, nicht dort, wo es sie schon lange gab, und nicht als elitäres Festival für ohnehin schon Eingeweihte, sondern als neuartigen, lebendigen musikalischen Baustein im kulturellen Mosaik in einer Universitätsstadt – für Studierende als Ergänzung der universitären Lehre und für die regionale Öffentlichkeit als Angebot für Neugierige, oder mehr: als Angebot, das dazu angetan war, neugierig zu machen. 2020 wird das Studio für Neue Musik nun „25“, ….
Zwei Elemente prägen seither die Veranstaltungsreihe – studentische Aufführungen, Performances und Projekte auf der einen Seite und Konzerte internationaler Spitzenmusiker auf der anderen. Denn: „Neue Musik muss live und auf höchstem künstlerischem Niveau gehört werden, nur so haben Hörerinnen und Hörer die Möglichkeit, ihre faszinierende Vielfalt zu erfahren und sie als angemessenen Ausdruck unserer Zeit und unserer Perspektive auf die Welt zu erleben“, sagt Martin Herchenröder (Foto links, Fotograf Armin Zedler), der die Reihe 1995 kurz nach seinem Dienstantritt als Professor an der Siegener Universität ‚erfand‘ und der sie seitdem künstlerisch und organisatorisch leitet.
Die Kombination erwies sich als Glücksgriff: Hochkarätige Musiker aus aller Welt bringen immer wieder Erst- und Uraufführungen bedeutender Komponisten mit (so fand z.B. die deutsche Erstaufführung von Karlheinz Stockhausens Pole in Siegen statt) und haben dadurch die Reihe mittlerweile über Stadt und Region hinaus so bekannt gemacht, dass WDR und Deutschlandfunk Konzerte mitschneiden. Andererseits haben aufsehenerregende interdisziplinäre Performances von Siegener Studierenden die Reihe fest im lokalen und regionalen Kulturleben verankert – z.B. KunstFabrikMusik in einer ehemaligen Walzengießerei, Verlorene Orte unter der Brückenkonstruktion einer Schnellstraße, …alles im fluss… im Siegener Museum für Gegenwartskunst oder Nacht Raum Schatten Musik auf einem ehemaligen Truppenübungsgelände. Mittlerweile sind Veranstaltungshighlights medial dokumentiert – als einzelne Clips auf YouTube, als Live-Streams auf dem Universitätsserver oder in hochwertigen CD- und Blue-Ray-Editionen bzw. Buchpublikationen.
Doch nicht nur die Öffentlichkeit, auch die Siegener Universität profitiert – immer wieder einmal geben Künstler aus Frankreich, den USA oder China nach einem Konzertauftritt noch einen Klaviermeisterkurs oder Kompositionsworkshop für Musikstudierende oder halten einen Vortrag für die universitäre Öffentlichkeit. Viele von ihnen schätzen das aufmerksame Publikum, die professionelle Betreuung und die persönliche Atmosphäre der Veranstaltungen so sehr, dass sie seit Jahren regelmäßig wiederkommen. Und weil es immer wieder Interessantes zu hören und zu entdecken gibt, kommen manche von ihnen sogar bisweilen zum Zuhören – genauso wie Musikinteressierte aus den umliegenden Großstädten, die für besondere Konzerte den Weg nach Siegen nehmen.
Zu den zahlreichen Besonderheiten der Reihe zählen die künstlerisch gestalteten Plakate, entworfen vom ehemaligen Siegener Grafik-Professor Daniel Hees: Von Museen gesammelt und in einem Buch zusammengestellt, dokumentieren sie lückenlos die Folge der inzwischen 175 Konzerte. „Wir hängen die Plakate meist nur zwei Wochen vor den Konzerten aus“, sagt Martin Herchenröder schmunzelnd, „sie werden von kunstsinnigen Zeitgenossen zur Verschönerung ihrer Büros mitgenommen und sind am Konzerttag schon alle verschwunden, wenn wir sie zu früh publik machen.“
Das Programm im Jubiläumsjahr 2020 bietet ein Panorama all dessen, was die Reihe ausmacht – von einem Berio-Abend der Musikstudierenden über das ‚offizielle‘ Jubiläumskonzert, das im Apollo-Theater auf den Tag genau 25 Jahre nach der ersten Veranstaltung stattfindet und mit dem Kuss Quartett eine international renommierte Kammermusikformation nach Siegen bringt….“.
Quelle: Uni Siegen, News, 9.1.2020
s.a. Interview mit Prof. Martin Herchenröder zum Jubiläum des Studios für Neue Musik auf Facebook