Ein eindrucksvoller dreigeschossiger Massivbau im Stil der Neorenaissance, die hier besonders eindrucksvoll an italienische Vorbilder erinnert, ist das Siegener „Denkmal des Monats“.
Die Denkmäler des Monats werden jedes Jahr von den neun Mitgliedsstädten der Regionalgruppe Südliches Westfalen sowie drei Städten der Regionalgruppe Münsterland der Arbeitsgemeinschaft Historische Stadtkerne ausgewählt. Als Siegener „Denkmal des Monats“ 2020 hat eine Auswahlkommission der Stadtverwaltung unter Leitung von Stadtbaurat Henrik Schumann das Objekt „Oranienstraße 9 – Villa Ruhfus“ ermittelt.
Die Villa trägt den Familiennamen eines damaligen Hüttendirektors, als dessen Wohnhaus sie ab 1902 errichtet wurde. Architekt war Carl Wilhelm Schleicher (Düsseldorf), ein Vertreter des architektonischen Historismus, der vorwiegend Villen und Landhäuser für den Industrie-Adel baute.
Das Gebäude ist deshalb so bedeutend für die Stadt Siegen, weil es in seinem hervorragend erhaltenen, bzw. restaurierten Zustand Zeugnis ablegt vom Leben wohlhabender Bürger der Stadt und Region. Die Villa steht in einem Bereich unterhalb des Unteren Schlosses an Oranienstraße, Spandauer Straße und Koblenzer Straße, der nach dem Baubestand in der Zeit zwischen etwa 1860 und 1914 zu den bevorzugten Baugebieten für Siegener Unternehmer gehörte.
Viele dieser Villen sind mittlerweile verschwunden oder wesentlich verändert. Aber auch aus der Gruppe der denkmalwerten Bauten hebt sich die Villa Ruhfus durch ihren Baustil, ihre Opulenz und ihren Erhaltungszustand heraus; sie gehört zu den wenigen guten Beispielen der architektonischen Wiederaufnahme der italienischen Renaissance im Siegerland.
Mehrfach Eigentümerwechsel
Mehrfach wechselte das Gebäude den Besitzer, bis es die Stadt Siegen 1977 erwarb und von 1993 bis 2012 als Ausstellungsforum des Siegerlandmuseums nutzte. Seit 2016 befindet sich die Villa Ruhfus im Besitz der Stiftung Zukunft der Sparkasse Siegen, mit Büroräumen im Dachgeschoss, Verwaltungsräumen im Obergeschoss sowie repräsentativen Räumen für Besprechungen, Ausstellungen sowie Hauskonzerten im Erdgeschoss. Zuvor wurde das Gebäude umfangreich und denkmalgerecht saniert.
Das ganze Bauwerk ist auf wohl durchdachte Art proportioniert. Seine Grundformen werden verbunden mit „antikisierenden“ Motiven: Säulen, Pilaster und Kapitelle und das Triumphbogenmotiv der Eingangshalle erinnern an die antike römische Architektur in ihrer Ausformung durch die italienische Renaissance. Vor- und Rücksprünge gliedern die Villa sehr abwechslungsreich.
Der halbrunde Vorbau zur Straße ist durch ein aufwändigeres Gesimsband mit stuckierten Blättern verziert. Auf der Rückseite befindet sich eine Terrasse, die von einem großen Balkon überkragt wird, der auf zwei gusseisernen Säulen ruht. Im Inneren gruppieren sich die Räume um ein zentrales Vestibül mit einer bemerkenswerten Balkendecke im Erdgeschoss, die gemalte Holzintarsien mit ornamentalen Details aufweist. An der Treppenwand fällt der Blick auf eine in Schabloniertechnik gemalte Tapete nach Art der barocken Aubusson-Teppiche.
Eine weitere außergewöhnliche Wandgestaltung befindet sich im ehemaligen Kinderzimmer: ein außergewöhnlicher Fries im Stile von Kate Greenaway, einer englischen Aquarellmalerin und Illustratorin von Kinderbüchern (1846 – 1901). Ihr typisches Design wurde häufig für die Herstellung von Porzellan, Fliesen, Tapeten und anderen Gebrauchsgegenständen, was sich aber selten erhalten hat.
Quelle: Stadt Siegen, News, 28.10.2019