Am 24. September wird der neue Bundestag gewählt. Siwiarchiv wirft einen Blick in die Wahlprogramme zur Bundestagswahl 2017 der Parteien auf der Suche nach Archivischem:
1) Fehlanzeige: CDU/CSU, AfD, Bündnis 90/Die Grünen, Allianz für Menschenrechte, Tier- und Naturschutz, Bürgerrechtsbewegung Solidarität, Deutsche Mitte, Die Grauen, Die Urbane. Ein HipHopPartei, Die Violetten, Die Partei, Partei für Gesundheitsforschung, Partei Mensch, Umwelt, Tierschutz, Sozialistische Gleichheitspartei
2) SPD, S. 82: “ …. Wir wollen die wissenschaftliche Aufarbeitung der Frauenbewegung unter Einbeziehung der Frauenarchive weiter vorantreiben, ihre Bestände digital sichern und sie der Öffentlichkeit zugänglich machen. ….“
3) Die Linke S. 58: “ …. Kultur ist Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge.
Eine kommunale Haushaltsnotlage darf nicht zur Schließung von Kultureinrichtungen
führen. Wir wollen gute Rahmenbedingungen für Archive, Bibliotheken, Kinos,
Museen, Musik- und andere Kunstschulen, Opernhäuser, Orchester, soziokulturelle Zentren, Theater, Tanz, Volkshochschulen und die vielfältigen Vereine schaffen.
Kultureinrichtungen, freie Szene und die vielfältigen Akteure kultureller Bildung in den Metropolen wie in den ländlichen Räumen brauchen eine sichere finanzielle und personelle Basis und längerfristige Planungsmöglichkeiten. ….“
S. 60: “ …. Wir wollen die Stasi-Unterlagen ins Bundesarchiv überführen. Ihre Nutzung muss über das Bundesarchivgesetz geregelt werden. ….“
4) FDP, S. 52 – 53: “ …. Wir Freie Demokraten wissen, dass die Aufarbeitung und Vermittlung des Unrechts der beiden deutschen Diktaturen des Nationalsozialismus und der DDR eine kontinuierliche Aufgabe bleiben. Die Gedenkstätten wollen wir mit ausreichenden Mitteln ausstatten und durch innovative Vermittlungskonzepte die nachfolgenden Generationen erreichen. Vor allem in der Schule ist zu vermitteln, warum und wie es zu diesen Diktaturen kommen
konnte, um die nachwachsenden Bürgerinnen und Bürger aktuelle und zukünftige Entwicklungen in diese Richtungen erkennen zu lassen. Wir wollen das Stasi-Unterlagen-Archiv zu einem modernen, nutzerfreundlichen Archiv in den Strukturen des Bundesarchivs machen, welches den Zugang zu den Akten für Opfer und Wissenschaftler langfristig sichert und erleichtert. Das Amt des Bundesbeauftragten möchten wir, insbesondere in seiner Bedeutung für die Opfer der SED-Diktatur, weiterentwickeln. ….“
5) Freie Wähler, S. 61: „… Wir wollen Kunst und Kultur pflegen und fördern, Tradition und Brauchtum bewahren und die geistigen Werte unserer Heimat für nachfolgende Generationen sichern. Dazu zählen der Erhalt und die Pflege von Baudenkmälern wie Schlösser und Burgen, Museen und Galerien, Schau- und Lichtspielhäusern, Orchestern und Musikvereinen sowie Bibliotheken und Archive. Eine bunte Medienlandschaft garantiert Meinungsvielfalt. Der Erhalt von lokalen Fernseh- und Radiosendern sowie Zeitungen ist von entscheidender Bedeutung für alle Regionen. Sie sind die Berichterstatter des lokalen
und regionalen Geschehens in Politik, Wirtschaft, Gesellschaft, Kultur und Sport. Sie stoßen beim Bürger vor Ort auf hohe Akzeptanz und stärken die Identifikation der Bewohner mit ihrer Region und ihrer Heimat. …“
6) Feministische Partei Die Frauen, S. 7: “ …. Nur durch die Erkenntnisse der Frauengeschichte lässt sich die angebliche Universalität weiblicher Unterordnung
widerlegen. Die Frauengeschichte beweist, dass das System patriarchaler Herrschaft unter bestimmten historischen Bedingungen entstanden ist und unter veränderten historischen Bedingungen auch beendet werden kann.
Die bisherige Geschichtsschreibung ist maskulin und männerzentriert. Sie verleugnet die Existenz von Matriarchaten von den Anfängen der menschlichen Gesellschaft bis in unsere Zeit und verschweigt den Widerstand von Frauen gegen das Patriarchat von dessen Beginn bis heute. Um diesen Mangel an weiblicher Geschichtsschreibung zu verändern, hat die Frauenbewegung Frauenarchive, Frauenmuseen und Frauenstudien erkämpft. Das alleine reicht nicht aus. Solange das Patriarchat die vorherrschende Gesellschaftsform ist, bedarf es der kontinuierlich organisierten, politischen Anstrengung von Frauen und der Institution einer feministischen Partei. Auf diese Weise werden die Erkenntnisse und Errungenschaften der Frauenbewegung über ihre Flauten hinweg erhalten und an die nächste Generation weitergegeben, damit sie nicht in Vergessenheit geraten oder verloren gehen. ….“
7) Im Programm der Piratenpartei wird Archivierung – lediglich ?!- im Zusammenhang mit open access erwähnt.
8) ÖDP, S. 34: “ … Der fruchtbare Boden ist die Lebensgrundlage aller landgebundenen Lebewesen dieser Erde. Es braucht unter ungestörten Bedingungen 100 Jahre um 1 mm Boden entstehen zu lassen. Der weltweit praktizierte Umgang mit dieser Lebensgrundlage ignoriert aber seine Bedeutung: Bodenerosion durch Wind und Wasser, Versiegelung immer neuer Flächen und die Vergiftung von Flächen durch unsere Wirtschaftstätigkeit reduzieren Tag für Tag unsere fruchtbaren Böden.
Diese Entwicklung muss dringend gestoppt werden. Fruchtbarer Boden ist ein sensibles Gut, dass
sich nicht vermehren lässt und bei Schädigung, wenn überhaupt nur sehr langsam wiederhergestellt werden kann. Es ist ein Umdenken bei unserer Bodennutzung als land- und forstwirtschaftliche Produktionsstätte, als Rohstofflager, als Standort für Industrie- und Gewerbebetriebe aber auch bei der Nutzung für Siedlungs- und Verkehrsflächen sowie zur Müllentsorgung erforderlich. Die Funktion als Archiv der Natur- und Kulturgeschichte ist aufzuwerten und besser zu schützen. …“
Auf den Archivalia-Eintrag zu „Digitalpolitik und Archiv“ in den Wahlprogrammen sei verwiesen.
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