LYZ, Siegen, 2. Februar 2012, 19:00 Uhr
Die meisten Briefschreiberinnen wollten ihn nur einmal aus der Nähe sehen, seinen „gutmütigen Blick“. Sie schickten ihm selbstgebackenen Kuchen und Handarbeiten. Und manch eine schrieb sich die Finger wund, weil sich die passenden Worte nicht einstellen wollten. So nannten sie ihn dann „Purzelchen“, „Wölfchen“, „Herzensadolf“, „mein lieber zuckersüßer Adolf“ oder auch „Majestät“. Manch eines dieser deutschen Fräuleins wurde deutlicher und wünschte sich ein Kind von ihm. Oder sie wollten einfach nur Sex: „Ich küsse dich auf deine vier Buchstaben und tue Front frei. Mehr Patriotismus kann man nicht verlangen. Heil Adolflein!“Obszön ist nicht der Inhalt. Obszön sind die Umstände, unter denen diese brieflichen Herzensergießungen entstanden – Dokumente von grausiger Demut und Verblendung. Sie lassen Hitler im Licht eines Popstars erscheinen und das BDM-Mädel, die „deutsche Frau“ als beflissenes Groupie. Und daran ist viel Wahres. Es kommen einem die Bilder in den Sinn, bei denen Frauen mit verdrehten Augen für den Führer Spalier standen.
Gerahmt und unterteilt wird die szenische Lesung durch Einspielung zahlreicher Schlager aus den 1930er und 1940er Jahren, deren optimistische Durchhalteparolen und Herz-Schmerz-Reime viel von ihrer Harmlosigkeit verlieren. Zarah Leander: „ … wir haben beide denselben Stern und dein Schicksal ist auch meins …“
Die Liebesbriefe an Hitler wurden in der Reichskanzlei nicht nur mit Freude aufgenommen. Im Gegenteil: Viele Frauen wurden wegen ihrer wahnsinnigen Briefe in Pflegeanstalten eingeliefert.
„Diese veröffentlichten Korrespondenzen an Hitler sind entlarvend. … Sie zeichnen ein makabres Sittenbild jenseits offizieller Politik. Sie beweisen in ihrer Brutalität und Unterwürfigkeit, in ihrer Anmaßung und Spießigkeit eine so breite Bereitschaft zum Mittun, wie sie anders und überzeugender kaum zu belegen ist.“ (stern)
Die Briefe an Hitler wurden in Deutschland von dem Frankfurter Politologen Helmut Ulshöfer in Zusammenarbeit mit W.C. Emker herausgegeben, der diese Briefe 1945 als amerikanischer Soldat aus den Trümmern der Reichskanzlei geborgen hat. Sie sind 1994 im Verlag für Akademische Schriften in Frankfurt a.M. erstmals erschienen: Liebesbriefe an Adolf Hitler – Briefe in den Tod / Helmut Ulshöfer , Hrsg.
Quelle: http://www.burghofbuehne-dinslaken.de/
Link zum LYZ: http://lyz.de/lyz_ansicht.php?ID=859
Presseecho auf die Schulvorstellung am 3.2.2012 in Siegen:
Siegener Zeitung, 4.2.2012: http://www.siegener-zeitung.de/a/535163/EinStarwieJustinBieber
derwesten.de, 4.2.2012: http://www.derwesten.de/staedte/nachrichten-aus-siegen-kreuztal-netphen-hilchenbach-und-freudenberg/verliebte-worte-an-adolf-hitler-id6311492.html