Uni Siegen erhält 10 Millionen Euro für Sonderforschungsbereich / Alle vier Fakultäten beteiligt – hoher Aktualitätsbezug
Siegen. Warum werden Fotos heute nicht mehr in Alben geklebt, sondern einer breiten Öffentlichkeit auf Facebook präsentiert? Wieso schreiben Menschen heute ganz viele Nachrichten in WhatsApp statt direkt miteinander zu reden? Diesen und ähnlichen Fragen geht die Universität Siegen in ihrem neu eingeworbenen Sonderforschungsbereich (SFB) „Medien der Kooperation“ nach: 10 Millionen Euro fließen von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) nach Siegen. Sie unterstützen nicht nur die Medienforschung, bei der sich die Siegener WissenschaftlerInnen schon längst einen bundesweiten Namen gemacht haben, sondern vereinen alle vier Fakultäten und rund 60 ForscherInnen in 16 Teilprojekten. Die Freude der Siegener ist nach der Zusage groß – immerhin stecken mehr als zwei Jahre in den Vorbereitungen. Zunächst ist der SFB auf vier Jahre angelegt, eine Verlängerung bis zu zwölf Jahre ist möglich. „Medien der Kooperation“ setzt die Siegener Forschung der Medien-SFBs (SFB 240: Ästhetik, Pragmatik und Geschichte der Bildschirmmedien/ SFB/FK 615: Medienumbrüche) weiter fort und festigt die bisher gewonnenen wissenschaftlichen Erkenntnisse. Der Medienwissenschaftler und Sprecher des SFBs, Prof. Dr. Erhard Schüttpelz, sieht die Besonderheit vor allem in der engen Zusammenarbeit der ForscherInnen aller vier Fakultäten. Es wird über die einzelnen Fakultäten hinweg gearbeitet, in denen digitale Medien nicht mehr als einzelne Medien, sondern als „Medien der Kooperation“ begriffen werden.
WissenschaftlerInnen aus den Fächern Sozialwissenschaften, Germanistik, Geschichte, Medienwissenschaften, Wirtschaftsrecht, mehreren Teildisziplinen der Informatik und der Pädagogik stehen hinter dem Projektverbund. „Der SFB ist in seiner Zusammensetzung einzigartig und eröffnet uns neue Forschungsfelder“, sagt Prof. Dr. Schüttpelz, „er ist bei uns in guten Händen, da die Universität Siegen schon auf eine feste Tradition in der Medienforschung zurückblicken kann.“
Zwei Schwerpunkt-Themen gibt es: Das erste behandelt „Infrastrukturen“, die erheblichen Einfluss auf unseren Alltag haben. Der SFB begleitet sie in Form historischer Entstehungsgeschichte, Telekommunikation, Infrastrukturen der Betriebsausfälle im öffentlichen Dienst („Technik außer Betrieb“), im Umgang einer alternden Gesellschaft mit neuen Medien und über die digitale Aufarbeitung der Zeit- und Geldnot in der Patientendatenerfassung. Die zweite Säule betrifft die „Öffentlichkeiten“: Wie verändert sich zum Beispiel das familiäre Zusammenleben, wenn Kleinkinder Umgang mit „Smartphones“ haben? Der Wandel der Selbst- und Fremddarstellung off- und online ermöglicht neue Freiheiten, aber wird auch reguliert. Mit den „Öffentlichkeiten“ sind die Siegener ForscherInnen mitten im alltäglichen Geschehen – ihre Wissenschaft ermöglicht das Verständnis digitaler Medien. Greifbares Ziel ist es, Forschung „fassbar“ und verständlich zu gestalten, Kinder und Erwachsene gleichermaßen einzubinden. „Wir laufen nicht digitalen Schlagwörtern hinterher – uns interessieren Entwicklungslinien. Wir können uns digitalen Medien nicht mehr entziehen“, erörtert Prof. Dr. Schüttpelz.
Der SFB will seine Erkenntnisse nicht nur an der Uni lassen, sondern sorgt durch seine „Öffnung nach außen hin“ für Innovationen und Diskussionen in der Region. Voran stehen hier drei Ausstellungen zu ‚Öffentlichen Infrastrukturen‘ mit den Arbeitstiteln ‚Telekommunikation seit dem 19. Jahrhundert als Kooperation von Medien‘, ‚Werkstatt Wittgenstein wortlos (WWw): Smartphonegebrauch und familiäre Interaktion‘ und ‚Fliegende Kameras: Drohnende Praktiken‘, eine Vortragsreihe zu ‚Kontroversen Öffentlichkeiten‘ sowie die Einrichtung einer ‚Dialogplattform Schule‘. Für die Uni bedeutet die Zusage der DFG einen enormen Prestigegewinn: „Der SFB ist ein sichtbares Zeichen der kontinuierlichen Bemühungen um eine Stärkung des Forschungsstandorts Siegen“, erklärt Prof. Dr. Holger Burckhart, Rektor.
Weitere Informationen unter: http://www.mediacoop.uni-siegen.de/
Quelle: Pressemitteilung der Universität Siegen, 14.7.16
Zwei Teilprojekte sind explizit historisch angelegt:
1. Geschichte digital-vernetzter Medien zwischen Spezialisierung und Universalisierung
2. Standardisierungskultur der Telekommunikation im Spannungsfeld der digitalen und neo-liberalen ‚Doppelrevolution‘ seit den 1980er Jahren