Im Kreisarchiv befindet sich im Aktenband „Bundesverdienstkreuz 1955 – 1960“ (Akteneichnen: 011-11/20) ein Vorgang zur Verleihung des Bundesverdienstkreuzes an Wurmbach.
Am 5. Dezember 1956 regte Albert Schnutz, Vorsitzender des Siegener Kreislehrerrates bei der Kreisverwaltung die Verleihung des Bundesverdiensteskreuzes an. Wurmbach „hat sich durch seine dichterische Leistung auf dem Gebiete der Heimatbewegung besondere Verdienste um das Siegerland erworben“, so die Begründung. Anlass für den Vorschlag war die bevorstehende Pensionierung Wurmbach am 31. März 1957. Die Kreisverwaltung wandte sich dann am 11. Dezember an Dr. Hermann Böttger, den Vorsitzenden des Siegerländer Heimatvereins, um von dort eine detailliertere Stellungnahme zu Wurmbachs Verdiensten zu erhalten. Am gleichen Tag wurde die Amtsverwaltung Kreuztal gebeten ein polizeiliches Führungszeugnis zu übersenden. Der Schulrat sollte die beruflichen Leistungen Wurmbach würdigen.
Am 15. Dezember 1956 lag bereits die Einschätzung des Schulrates vor: „ … Er ist den schulischen und organisatorischen Aufgaben seiner Stellung stets gewachsen gewesen und hat, us der Fülle seiner volkserzieherischen Kräfte, die Schule in einem vorbildlichen Geiste geformt. ….“. Zwei Tage später traf auch das Führungszeugnis ein. Lediglich die Stellungnahme des Siegerländer Heimatvereins verzögerte sich krankheitsbedingte bis zum 9. Januar 1957. Böttger beschreibt Wurmbach als Epiker mit literarischem Anspruch und als erfolgreichen Schauspielautoren. Zudem sei er ein „vorzüglicher volkstümlicher Erzähler“.
Aus diesen Unterlagen fertigte die Kreisverwaltung am 18. Januar 1957 ein Schreiben an den Arnsberger Regierungspräsidenten. Am 22. Oktober 1957 berichtete die Siegener Zeitung, dass Wurmbach den Orden aus der Hand der nordrhein-westfälischen Kultusminister, Prof. Dr. Luchtenberg, der wegen eines Besuchs des Landeskabinetts im Siegerland weilte, erhalten habe.
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Zur Zeit wird auf facebook in der Gruppe „Nachdenken über Alfred Fissmer“ das Ergebnis der Arbeit einer kommunalen Kommission zum Umgang mit NS-belasteten Figuren der Stadtgeschichte durch Straßennamen statt. Dabei wird von Seiten der SPD auch Wurmbach angesprochen. Er sei nicht nur völlig unbelastet, sondern unbedingt zu würdigen. Tatsächlich ist er im angelaufenen Verfahren der Beerdigung der Kommissionsergebnisse eigentlich eine ausgesprochene Nebenfigur. Es lohnt sich, auf die heftigen Interventionsversuche der SPD zugunsten von Wurmbach einzugehen, weil er repräsentativ für dieses m. E. bildungs- und kleinbürgerliche Milieu ist, das auch im Siegerland – dort mit einer überdurchschnittlichen Unterstützung vor allem bekanntlich von protestantischer Seite die Nazis und ihre deutschnationalen Bündnispartner an die Macht brachte und nach dem Disaster 1945 an diesen Größen festhielt, ja, geradezu festklebte.
Wurmbach begrüßte die Terrordiktatur am 21.3.1933 mit den folgenden Worten (ich übernehme im Folgenden der Einfachheit halber meinen fb-Kommentar):
„Lasst Fahnen wehn von allen Dächern,
Verkünden uns das deutsche Jahr,
Und macht der Glocken Mund zu Sprechern
Der grossen Tat, die Sieger war.
War wie ein Sturm in deutschen Landen
Der Freiheit strahlender Beginn;
Ein ganzes Volk ist auferstanden,
Die Zeit hat einen neuen Sinn.
Den Weltkriegsbeginn, das große raum- und rassenpolitische Naziunternehmen, begrüßte er 1939 dann so:
„O Deutschland, reich an Liedern und Wälderpracht -/Doch steht dir auch die Sprache des Zornes an,/Damit du züchtigest den Frevler,/Der an den heiligen Frieden rühret./Mit ihren Leibern schirmen der Besten viel/Und heißem Herzen Marken und Heimstatt dir,/Damit sie leben oder sterben -/Segne der Himmel den Schwur! – für Deutschland.“
Um 1941 in dieser Weise nachzulegen:
„Fürs Vaterland sterbe/O heilige Saat,/Du höchstes Opfer,/Verklärender Tat/ … /Gefallen – o, Deutschland,/Für dich, für dich!“
1944 lief es dann nicht mehr so gut. Da mussten Durchhalteappelle her:
„Zum Beginn!
Der Tag geht auf so morgenklar,
Ruft ihm entgegen von den Zinnen:
Wir grüßen dich, du junges Jahr,
Zu neuem Kampf, zu neuer Fahr,
Zu neuem Wagen und Gewinnen!
Laß uns mit Großem dich beginnen!“
(mit Ausnahme des ersten Zitats jeweils der sog. „Siegerländer Heimat-Kalender“)
Ja, der Wurmbach war nach nationalistischen Anfängen im und nach dem Ersten Weltkrieg zeitweise ein idealistischer Pazifist und nach dem Zweiten Weltkrieg war er es dann wieder. Zwischendurch offenbar nicht. Ein klassischer Wendehals. Die Sprecherin der SPD verwies im Ausschuss auf einen Wikipedia-Artikel (wie dort immer ein Artikel zahlreicher, in aller Regel unbekannter Autoren, ich zählte 19), fand Wurmbach werde dort schlechtgemacht („verunglimpft“) und warf in demselben Atemzug dem von den Nazis umgebrachten bekannten Antifaschisten Walter Krämer ins Blaue hinein vor, für Tötungen von Häftlingen in Buchenwald verantwortlich gewesen zu sein. Ekelhafter geht es nicht. Und die Frage, was dieser Wurmbach auf einem Straßenschild zu suchen hat, die stellt sich m. E. nicht. Ihn zu verschweigen, wäre eine Freundlichkeit, die sich in Frage stellen lässt.
Zu allem Überfluss erreicht mich nun eine Einladung jenes „Heimat“-Blatts, das sich im Mai 1933 enthusiastisch zum „Organ des nationalsozialistischen deutschen Staates und des unter Adolf Hitlers Führung erwachten Volkes“ erklärt hatte, zu einem „Gespräch, von dem ich sehr hoffe, dass es zustande kommt“.
Die rechte Blatt-Richtung bestimmten schon seit den 1920er Jahren als Eigentümer ein Stahlhelm-Mitglied, das nach 1933 der SA und dann der Nazi-Partei beitrat, und ein bis 1933 im antisemitischen Jungdeutschen Orden, dann freischwebender Akteur. Bald leitete ein bekannter Nazi die Redaktion. Und dabei blieb es bis zum Ende der Diktatur. Der erste „Hauptschriftleiter“ nach dem alliierten Verbot der Familienzeitung kam dann wieder aus der NSDAP und diesmal auch aus der SS. Bis heute und damit über drei, vier Generationen gab es keine auch noch so milde und widersprüchliche vergangenheitspolitische Distanzierung dieses Blatts von seiner schändlichen Vergangenheit, vielmehr fährt sie bis heute einen politischen Kurs, der sich nur rechts einordnen lässt. Wie in den zwanziger Jahren ohne parteipolitische Enge, immer auch ein klares Stück über die Enge hinaus.
Mit denen ein Gespräch? Ja, gerne, sobald sie zeigen können, dass sie lernfähig sind. Das ist bislang nicht erkennbar.
Nachtrag, Quellenangaben (Auswahl):
Herbert Knorr, Zwischen Poesie und Leben. Schriftenreihe des Instituts für Stadtgeschichte, Bd. 6), Essen 1995
(zu Knorr: https://de.wikipedia.org/wiki/Herbert_Knorr_(Literaturwissenschaftler)
Entnazifizierungsakte: https://www.siwiarchiv.de/wp-content/uploads/2014/10/EntnaziAWurmbachx.pdf
Diskussion: https://www.siwiarchiv.de/vorarbeiten-fuer-eine-noch-zu-schreibende-biographie-adolf-wurmbachs/
Selbstaussagen: SIEGERLAND, BD. 17, H. 2, 1935, S. 67, 76-77; SHK 1940, 4, 42, 1942, 49, 1944, 4; SNZ, 25.4., 27.4.1936, 1.11.1937, 20.7.1939, 9.4.1940, 14.6.1941; SZ, 18.6.1941, 5.5.1942; SZ/SNZ, 5.8., 7.8., 2.9., 15.9.1943; WR/RT, 12.11.1955, 13.8.1956