Offensichtlich sind Archivar*innen vorsichtig und behutsam. Die sparsame Beteiligung an der aktuellen Blogparade lässt dieses Fazit zu. Einschlägigen Beiträgen in der Fachzeitschrift, den prominent besetzten Eröffnungsvorträgen auf deutschen Archivtagen oder einen Diskussionsrunde auf dem ersten deutschen ArchivCamp in Duisburg bleiben wir diskret – obwohl die Skandale, Merkwürdigkeiten, etc. ….. nicht abreißen: Einsturz des Hostorischen Archivs der Stadt Köln, Verlegung des Staatsarchivs Würzburg nach Kitzungen, verschwundene Geheimdienstakten, Bundeslöschtage, geplante Legalisierung des Verkaufs von kommunalen Archivgut in NRW, die gelöschten E-Mails vvon Ministerpräsident Mappus in Baden-Württemberg ….. oder zuletzt die Mittelstreichungen für des Archiv für alternatives Schrifttum (afas) in Duisburg. Ganz zu schweigen von dem üblichen Kampf um Ressourcen (Raum, Personal, Geld). Auch von unseren „Verbündeten“ – Historiker*innen, Genealog*innen, Archivnutzer*innen – erfolgte keine Reaktion auf den Aufruf zur Ausgestaltung einer Archivpolitik. Lediglich ein archivpolitischer Beitrag eines Historikers zur einer früheren Blogparade darf hier nicht unerwähnt bleiben.
Gab es etwa zum Zeitraum der Blogparade keine berichtenswerten, archivpolitischen Themen? Die regionalen Beiträge (Netphen, Neunkirchen) für das Kreisgebiet Siegen-Wittgenstein sowie die Diskussion um die Löschung des Facebook-Auftritts der Bundeskanzlerin stehen dieser Vermutung entgegen.
Bleibt Archivpolitik als den Kulturpolitiker*innen überlassen? Kümmern sich Archivar*innen nur in „Thekengesprächen“ mit der Politik um ihre Belange?. Sowohl das deutliche Eintreten des Landesarchivs NRW für die dauerhafte Sicherung des afas als auch der Beitrag des Bundesarchivs zur Blogparade lassen ein Trendwende erhoffen – hin zu einer deutlichen Artikulierung archivischer Positionen in der Öffentlichkeit und hin zu einer zeitnahen Dokumentation archivpolitisch relevanter Vorgänge.
Pingback: Archivpolitik: Wo bleibt die Debatte? | Jens Crueger
Die meisten Archivblogs sind institutionell angebunden. Mit mehr privaten Blogs von Archivierenden ließe sich möglicherweise ein anderes Ergebnis erzielen. Ich kann verstehen, wenn Kolleg*innen nicht anfangen, auf den Plattformen ihrer Arbeitgebenden über Missstände zu schreiben, die sie vermutlich häufig selbst betreffen und ihre Vorgesetzten und/oder Trägereinrichtungen in Misskredit bringen – so wichtig und sinnvoll klare Worte und umfassende Informationen häufig auch wären, um z.B. die Öffentlichkeit für konkrete Probleme zu sensibilisieren.
Bei institutionellen Blogs erwarte ich auch keine investigative Aufdeckung von Missständen. Oft reicht die kommentarlose Dokumentation des politischen Diskurses, der in den Informationssystemen der jeweiligen politischen Gremien öffentlich ist.
Schließe mich Rebekka uneingeschränkt an. Es braucht mehr private Blogs und die kommentarlose Dokumentation politischen Diskurses bringt auch nur die wenigsten in Wallung. Wenn, dann müssen es zugespitzte Überschriften und klare Forderungen sein.
Wenn Archivierende bei institutionellen Blogs eine Konfrontation scheuen, dann ist dies nachvollziehbar. Aber wo sind denn die privaten Blogs? Scheuen Archivar*innen möglicherweise mwhrheitlich die Auseinandersetzung?
Mir fehlt schlichtweg die Zeit, mich mit einem eigenen Blog an entsprechenden Diskussionen zu beteiligen. Ich versuche zwar, so gut möglich, mich in entsprechenden Diskussionen zu Wort zu melden und scheue auch keine Konfrontation – aber als Dienstleister habe ich auch weniger Ängste, von irgendwem „auf den Deckel“ zu bekommen, wenn ich Kritik äußere. Ich kann ebenfalls verstehen, dass viele ArchivarInnen sich scheuen, öffentlich zu kritisieren – wobei auch ein nicht unerheblicher Teil des Fachkollegiums sich in Selbstmitleid aufgegeben zu haben scheint und lieber den Weg des geringsten Widerstandes gewählt hat. Schade drum – ich denke, dass wir mit einer stärkeren Lobby viel mehr erreichen könnten.
Sind also Scheu und mangelnde Ressourcen „Schuld“ daran, dass Archivar*innen keine Archivpolitik machen? Wenn dem so ist, dann müssen wir uns auch nicht über die ständig schwieriger werdenden Verhältnisse beschweren. Ich persönlich neige ja eher zu etwas (!) mutigeren Auftritten ….
Die notwendige „stärkere Lobby“ kann aber m. E. nicht nur aus der Archivwelt erwachsen. Hat jemand Ideen, wie wir auch hierzu unsere Nutzer*innen gewinnen können?
Ich meine, dass es eine nicht unerhebliche Zahl von Kolleg*innen gibt, die nach Feierabend sich einfach auch gerne anderen Themen widmen. Viel Engagement im VdA geschieht in der Arbeitszeit – die Gewerkschaften leiden auch unter sinkenden Mitgliedszahlen.
Der unarchivische Feierabend sei den Kolleg*innen ja von Herzen gegönnt. Selbst ich pflege das ein oder andere nicht archivische Hobby. Eintreten für begründete archivpolitische Ziele muss m. E. nicht die komplette Freizeit beanspruchen …… ;-)